Shakespeare-Fans sind irritiert: Sie bekommen zwar die Chance, in einer Londoner Bibliothek einen Original-Druck seiner Werke zu sehen. Aber wieso nur derart kurz?
Es ist eines der wichtigsten Werke der Literaturgeschichte: Im Jahr 1623, sieben Jahre nach dem Tod von William Shakespeare, stellten Freunde und Weggefährten des englischen Dramatikers (fast) alle seine Theaterstücke in einem großen Sammelband zusammen – dem “First Folio”.
Enthalten sind Klassiker wir “Romeo und Julia”, “Othello”, “Hamlet” und “Macbeth”. Wäre das nicht geschehen, wären viele Stücke womöglich heute gar nicht mehr erhalten. Wie beliebt die Werke des “Barden aus Avon” schon damals waren, zeigt sich anhand der noch heute verbliebenen Anzahl an Original-Folios: 235 sind bekannt, die meisten davon befinden sich in Archiven und Bibliotheken, wo sie sorgsam verwahrt und gehütet werden.STERN PAID Interview Schwarze Bibliothek 12.30
Shakespeare-Werk ist 400 Jahre alt
Da sich die Entstehung des Buches in diesem Jahr zum 400. Mal jährt, plant die Guildhall Library, eine Bibliothek in London, eine Ausstellung von Shakespeare-Werken. Die allerdings sorgt für Irritationen bei den britischen Shakespeare-Fans: Zwar besitzt die Guildhall-Library einen originalen Folio – den dürfen Literaturliebhaber aber nur fünf Stunden lang sehen. Am 24. April zwischen halb elf Uhr morgens und halb fünf Uhr nachmittags kann man in der Bibliothek einen Blick darauf werfen, dazu gibt es stündlich einen kurzen Vortrag zur Entstehungsgeschichte des Werks. Immerhin wird für längere Zeit eine Replik ausgestellt.
Die Ausgabe, die sich im Besitz der Guildhall Library befindet, soll im Jahr 1760 vom damaligen britischen Premierminister William Petty Fitzmaurice erworben worden sein, der sie nach seinem Tod der Stadt London vermachte. Die übergab sie 1913 der Bibliothek, ist aber weiterhin der offizielle Besitzer des Buches. Weshalb der Folio allerdings nur derart kurzzeitig öffentlich gezeigt wird, ist unklar – zwar sind die Shakespeare-Sammelbände wegen ihres Alters empfindlich und teuer (bei Auktionen bringen Exemplare regelmäßig Rekordpreise ein), allerdings sollte eine behutsame öffentliche Ausstellung einem Band keinen Schaden zufügen.Forscher entdecken geheimnisvolle Kritzeleien in 1300 Jahre altem Buch 17.59
Ob innerhalb von nur fünf Stunden alle Interessierten das Buch sehen können werden, ist fraglich. Entsprechende Kritik wurde laut – in Manchester hatte man zuvor ein weiteres Original etwa für einen ganzen Monat ausgestellt. Die Guildhall Library rechtfertigt den Plan damit, dass das Betrachten eines solchen Originals nun mal eine “rare Gelegenheit” sei.
Quellen: “Telegraph”, “Citymatters London”