Die letzten deutsche AKW sind zwar abgeschaltet. Aber für CSU-Chef Markus Söder ist die Sache noch nicht erledigt. Mit seiner jüngsten Idee erntet er aber in Stuttgart nur ein Kopfschütteln.
Bayern will das wahrscheinliche Ende der deutschen Atom-Ära nicht akzeptieren, aber der jüngste atompolitische Vorschlag aus dem Freistaat stößt in Baden-Württemberg auf Kopfschütteln. “Man kann das fordern, aber nicht machen”, sagte der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Dienstag in Stuttgart. Nach dem deutschen Grundgesetz liege die Zuständigkeit für die Kernenergie allein beim Bund. “Es ist also verfassungsrechtlich dem Bund zugeordnet. Damit ist alles g’schwätzt”, sagte Kretschmann.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte kurz nach der Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland gefordert, Meiler wie den abgeschalteten Meiler Isar 2 in Landesverantwortung weiter zu betreiben. Vom Bund verlangte er dafür eine Änderung des Atomgesetzes. Die letzten drei verbliebenen deutschen AKW waren am späten Samstagabend abgeschaltet worden, darunter auch das verbleibende Kernkraftwerk Neckarwestheim 2.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hatte den Vorstoß umgehend zurückgewiesen. Auch die baden-württembergische Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) sprach sich klar gegen den Weiterbetrieb in Landesverantwortung aus und schmetterte die Forderung als “Theaterdonner aus dem Bierzelt” ab. Der Vorstoß Söders sei wegen der Kompetenzzuordnung komplett unrealistisch. “Das weiß er als ehemaliger Umweltminister und treibende Kraft des Atomausstiegs 2011 auch sehr genau”, sagte Walker.
Aus der Union im Bund hatte Söder für seine Forderung nach einem bayerischen Alleingang hingegen Rückendeckung erhalten. CDU-Chef Friedrich Merz zeigte sich dafür grundsätzlich offen. Wörtlich bezeichnete er den Vorschlag als “diskussionsfähig”.
Nach Ansicht Kretschmanns ist es nicht nur bei dieser Frage sinnvoll, die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz beim Bund zu belassen. Auch die abschließende Entscheidung über das Endlager für den Atommüll treffe ausschließlich der Bund. Kretschmann zog Parallelen zum jahrelangen und heftig aufgeladenen Konflikt um das milliardenschwere Bahnbauprojekt “Stuttgart 21″: “Wenn schon ein unterirdischer Bahnhof eine Bevölkerung spalten kann, kann man sich ja vorstellen, was mit dem Ministerpräsidenten passieren muss, der jetzt selber entscheiden soll, ob bei ihm ein Endlager hingebaut wird.”
Die Suche nach einem zentralen Atommüll-Endlager war 2017 neu gestartet worden – ein Ergebnis gibt es noch nicht so bald. Ursprünglich sollte bis 2031 ein Endlager gefunden werden. Im vergangenen November hatte das Bundesumweltministerium mitgeteilt, dass sich die Suche verzögern werde. Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) will bis zur zweiten Jahreshälfte 2027 einen Vorschlag zur Eingrenzung der Suche auf bestimmte Regionen vorlegen. Die Menge hochradioaktiver Abfälle aus Brennelementen wird in Deutschland auf rund 10.500 Tonnen geschätzt.
Auch diese Frage müsse dann laut Gesetz der Bund entscheiden und nicht eine Region, sagte Kretschmann – “denn irgendwo muss das Zeugs ja hingelagert werden, das ist nun mal so”. Die Frage werde nach Geologie entschieden und nicht nach Geografie. Alle Parteien hätten sich darauf verständigt – “es hat keinen einzigen Tag gedauert, bis Bayern gesagt hat “Aber bei uns nicht””.