Am Vorabend seiner zweiten Amtszeit zeichnet das Erste den Weg von Donald Trump nach. Eine düstere Geschichtsstunde, die nur einen Haken hat: Das Schlimmste kommt wohl erst noch.
Als die Nachricht von der bevorstehenden Waffenruhe im Gaza-Streifen die Runde macht, ist er bereits ganz vorn dabei, um sich die Lorbeeren ums orangene Haupt zu drapieren: Donaldus Trumpus, Imperator der USA – Trotzkopf, Tycoon, Tyrann. Den Amtseid hat er – vor der zu erwartenden größten Menschenmenge aller Zeiten – noch nicht einmal abgelegt, da schreibt er sich bereits politische Großtaten ins Stammbuch.
Das ist mehr als nur ein Vorgeschmack auf die kommenden vier Jahre. Das ist die völlig selbstverständliche Wiederaufnahme eines Fadens. Und wenn das Ende dieses Fadens erreicht ist, hat Trump ihn womöglich vollends aufgerippelt, jenen Wollpullover namens US-Demokratie, der doch einst zum Zwecke gestrickt wurde, die westliche Welt zu wärmen.
Donald Trump: der Joker im blauen Ornat
“Schicksalsjahre eines Präsidenten”, so haben die Regisseurinnen Claire Walding und Inga Turczyn ihre Doku genannt. Das führt ein wenig in die Irre. Schicksal, das hieße unausweichlich. Und Präsident ist er, Stand jetzt (16. Januar), auch noch nicht. Dennoch klingt das natürlich griffig, eine Formel wie aus alten Defa-Tagen. Ein juveniler Schelm, der dabei nicht an Sissi und ihre “Schicksalsjahre einer Kaiserin” denkt.STERN PAID 04_25 Titel Trump Chaos
Wie das Leben der jungen Elisabeth, so lässt sich auch der Weg des Donald John Trump fast als Märchen sehen, das machen diese kompakten 60 Minuten noch einmal eindrucksvoll klar. Keines jedoch, bei dem die finsteren Mächte dem Helden ans Leder wollen, nein, der Held selbst ist das Dunkel. Der Joker im blauen Ornat, böse grinsend, bar jeder Moral, dabei schier unangreifbar. Selbst blaue Bohnen können ihm nichts anhaben.
In drei Teilen – “Money Maker”, “White House” und “Comeback” – rollt die Miniserie noch einmal den Fall Trump auf und zeigt auch, wie alles anfing. Trumps Vater, der mit dubiosen Baudeals bereits die Regierung um Millionen behumste. Trump als siebenjähriger Blondschopf mit Schmollmund, so schnuckelig, als könnte er kein Wässerchen trüben. Dabei schreibt er schon damals Gedichte, in denen er vom süßen Gefühl schwärmt, das ihm der Jubel der Menge bereitet. Ein Kribbeln im Bauch, das den Narzissten Trump bis heute an- und um- und vorantreibt.
Alles hört auf sein Kommando
Seinen imposanten Aufstieg gibt es im verdichteten Schnelldurchlauf – vom Präsidenten der Trump Association zum Trump Tower, von der eigenen Fluglinie zum Star des Reality-TV. Mittendrin klackern die Jetons im Taj Mahal-Casino, wird geheiratet und geschieden und wieder geheiratet. “Dreh’ Dich, Baby”, sagt Trump in einer unfassbaren Szene vor der Fotografen-Schar zu Melania. Und die tut, wie ihr geheißen: Sie dreht sich. Alles hört auf sein Kommando. Einst die Gattin, heute das amerikanische Volk.PAID Bidens Erbe 21.40
Zahlreiche Experten kommen zu Wort – unter anderem ARD-Korrespondentin Gudrun Engel, die Historikerin Barbara Perry, John Bolton, 2018-19 nationaler Sicherheitsberater der USA, die Autorin Annika Brockschmidt, die Psychiaterin (!) Bandy Lee – und versehen das Geschehen so mit vielschichtiger Einordnung aus persönlicher Perspektive.
Es heißt, nichts würde ihn mehr triggern als Demütigung. Auf eine Niederlage folgt nicht etwa der Rückzug, sondern der unstillbare Durst nach Rache. Nach Rache mit drei R. Die öffentliche Bloßstellung durch Barack Obama, als es um dessen Geburtszeugnis ging. Die Niederlage gegen Biden vor vier Jahren. Die Prozesse gegen ihn, all das am Ende kein Stock zwischen den Speichen, sondern Donald-Doping, hoch dosiert und intravenös.
“Die Abrissbirne des politischen Systems”
Was der Welt nun also bevorsteht, wenn Trump seine Zelte erneut im von ihm so gehassten Washington aufschlägt? Altersbedingte Einschränkungen sollte man wohl nicht erwarten. Er würde in vier Jahren noch genauso fit sein wie heute, so die Prognose von Detektiv und Unternehmer Bo Dietl. Eine gewöhnliche Präsidentschaft käme für ihn nicht infrage, meint Bandy Lee. “Die Abrissbirne des politischen Systems”, sie holt zum nächsten großen Schwung aus.
Donald Trump – sein Leben in Bildern 16.11
Warum man, wie beim sprichwörtlichen Verkehrsunfall, dennoch kaum weggucken kann?
“Jeder liebt eine gute Comeback-Story”, bringt es Jörg Wimalasena, politischer Korrespondent der “Welt”, auf den Punkt. Wenn es doch wenigstens “nur” eine Story wäre …
“Donald Trump – Schicksalsjahre eines Präsidenten” – ab 17. Januar 2025 in der ARD Mediathek, am 20. Januar 2025 um 20.15 Uhr im Ersten.