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Kurioses: Nicht schnell genug zu schnell? Kampf gegen Knöllchen

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Eine Palliativ-Schwester wird im Ruhrgebiet geblitzt. Wäre sie noch schneller gefahren, müsste sie womöglich keine Strafe zahlen. Wie kann das sein?

Ein Palliativdienst im Ruhrgebiet wehrt sich gegen eine Verwarnung für zu schnelles Fahren – die möglicherweise hinfällig gewesen wäre, wenn die Krankenschwester noch schneller zu ihrer Patientin gefahren wäre. Der kuriose Fall, der vom NDR-Satiremagazin Extra 3 öffentlich gemacht wurde, sorgt inzwischen für großes mediales Echo. 

Ende September 2024 war eine Schwester des ambulanten Hospizdienstes Witten von einer todkranken Patientin gerufen worden, die unter starker Atemnot litt. “Da ist sie natürlich schnell hingefahren, um das lindern zu können”, erklärte ihr Chef, der Palliativmediziner Matthias Thöns, dem Magazin. In einem Bereich mit Tempo 30 wurde sie geblitzt – mit 38 km/h.

Das fällige Verwarngeld von 30 Euro wollte Thöns nicht akzeptieren – und berief sich auf einen “rechtfertigenden Notstand” durch den Notfall-Einsatz. Doch darauf ließ sich der zuständige Ennepe-Ruhr-Kreis nicht ein: Zwar könne ein Tempoverstoß in Ausnahmesituationen gerechtfertigt sein – etwa wenn es darum gehe, einem akut erkrankten Patienten zu helfen, schrieb der Kreis. Dies setze aber voraus, “dass die Geschwindigkeitsüberschreitung überhaupt zu einem messbaren Zeitgewinn führt. Das liegt bei einer Übertretung von 8 km/h nicht vor”, argumentierte die Behörde.

Thöns hält das für völlig widersinnig: “Diese Logik, dass eine Strafe dann erlassen wird, wenn man viel zu schnell zu schnell fährt, und die Strafe bestehen bleibt, wenn man nur wenig zu schnell zu schnell fährt, das ist absurd.”

Sprecher verteidigt Entscheidung

Ein Sprecher des Kreises verteidigte die Entscheidung auf dpa-Anfrage. Es gebe in der Straßenverkehrsordnung keine generelle Regelung, wann zu schnelles Fahren erlaubt sei. “Einzige Ausnahme: Polizei und Rettungsdienste sowie Notärzte sind mit Sonderrechten ausgestattet und dürfen Geschwindigkeitsbeschränkungen außer Acht lassen”, betonte der Sprecher. 

“Wenn es in lebensbedrohenden Lagen um schnelle medizinische Hilfe geht, ist der Rettungsdienst, ist die 112, erster Ansprechpartner”, betonte der Sprecher. Für andere Helfer – etwa den Palliativdienst – “gelten während der Anfahrt aber generell die Vorgaben der Straßenverkehrsordnung”.

Der Palliativdienst will das so nicht hinnehmen – und hat einen Anwalt eingeschaltet.

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