Im Fall der von Polizisten erschossenen Frau aus Schwalmstadt ist weiter offen, ob die 20-Jährige auf die Beamten geschossen hat. Klar ist nun aber, dass alle vier Polizisten auf sie gefeuert haben.
Fast drei Monate nach den tödlichen Schüssen auf eine Frau vor der Polizeistation in Schwalmstadt ist weiter unklar, ob die 20-Jährige selbst auf die Beamten geschossen hat. “Die bisherigen Ermittlungen konnten nicht sicher feststellen, ob die Frau auf die Polizeibeamten geschossen hat”, erklärte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Marburg auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Am Tatort sei keine Munition aus ihrer Waffe aufgefunden worden. “Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass etwaig verschossene Munition (hierbei handelt es sich um kleine Kügelchen) vorhanden war, jedoch nicht aufgefunden wurde”, so der Sprecher. Abschließend könne er die Frage daher nicht beantworten.
Alle Polizisten gaben Schüsse ab
Fest steht ihm zufolge aber, dass alle vier Polizisten Schüsse abgegeben haben. Die Obduktion habe ergeben, dass ein Schuss die tödlichen Verletzungen der Frau verursacht habe, erläuterte der Sprecher. Alle anderen Schüsse seien nicht tödlich gewesen. Weiterhin offen bleibt, wie viele Schüsse die Beamten abgegeben haben. Das diesbezügliche Waffengutachten liege noch nicht vor.
Die Frau ohne festen Wohnsitz soll laut Polizei am frühen Morgen des 24. Oktober 2024 eine Softairwaffe auf Polizeibeamte gerichtet haben, die einer scharfen Schusswaffe “zum Verwechseln ähnlich” war. Daraufhin hatten vier Polizisten Schüsse abgegeben. Softairwaffen sind Nachbildungen echter Waffen. Sie verschießen kleine Kugeln, die oft aus Kunststoff bestehen und nicht lebensbedrohlich sind.
Die 20-Jährige war trotz sofortiger Erste-Hilfe-Maßnahmen noch im Rettungswagen gestorben. Eine Obduktion ergab, dass sie von mindestens zwei Kugeln getroffen worden war. Todesursache war demnach eine Verletzung innerer Organe, die mit einem hohen Blutverlust einherging.
Ermittlungen gegen Polizisten dauern an
Die Frau war in der Nacht vor den tödlichen Schüssen wegen des Verdachts auf Trunkenheit im Verkehr sowie unerlaubten Entfernens vom Unfallort auf die Polizeistation in Schwalmstadt (Schwalm-Eder-Kreis) gebracht worden. Nachdem sie eine Blutprobe abgegeben hatte, wurde sie den Ermittlern zufolge wieder entlassen.
Laut Staatsanwaltschaft hat sich der Verdacht auf Trunkenheit am Steuer bestätigt. Bei der Frau wurde nach Angaben des Sprechers “für den Zeitpunkt des vorangegangenen Geschehens” kurz nach Mitternacht eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,87 Promille festgestellt.
Das Ermittlungsverfahren gegen die vier Polizeibeamten wegen des Verdachts des Totschlags dauert dem Sprecher zufolge an. Die Staatsanwaltschaft hatte es “wie bei solchen Sachverhalten üblich” eingeleitet, hieß es damals. “Es müssen noch weitere Ermittlungen abgewartet werden”, so der Sprecher. Dies könne noch einige Wochen dauern.