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Blockade in Schlüttsiel: Bauernproteste gegen Habeck: Staatsanwaltschaft stellt Ermittlungen ein

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Vor einem Jahr hinderten Demonstranten in Schlüttsiel Robert Habeck am Verlassen einer Fähre. Nun stellt die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein. Das sind die Gründe.

Die Videoszenen wirkten dramatisch. Auf den Aufnahmen vom 4. Januar 2024 war eine aufgebrachte Menschenmenge von rund 250 bis 300 Menschen zu sehen, die am Fähranleger im schleswig-holsteinischen Schlüttsiel Wirtschaftsminister Robert Habeck am Verlassen der Fähre hinderten. 

Der Zorn war durch die von der Ampel angekündigten Streichungen von Agrarsubventionen ausgelöst und traf den Grünen-Politiker am Ende eines Kurzurlaubs auf Hallig Hooge. Auf den dringenden Rat seiner Personenschützer vom BKA entschied sich Habeck schließlich, die Fähre nicht zu verlassen. Er legte mit ihr wieder ab und konnte erst Stunden später aufs Festland zurückkehren.

Habeck am Verlassen von Fähre gehindert 22.14

Politiker fast aller Parteien verurteilten die Blockade hinterher scharf, der Bauernverband distanzierte sich. Aber wurden dabei auch Straftaten begangen? Diese Frage hat die Staatsanwaltschaft ein Jahr lang geprüft. Nun liegt das Ergebnis vor: Das Verfahren wird überwiegend eingestellt.

Weder mit Blick auf den Vorwurf der Nötigung, noch den der Bedrohung und Beleidigung hätten Teilnehmer der Demonstration identifiziert werden können, heißt es in einer Pressemitteilung der Behörde.

Und weiter: “Der ebenfalls in Betracht kommende Straftatbestand des Landfriedensbruchs (§125 StGB) scheidet bereits aus tatsächlichen Gründen aus, da es an konkreten Anhaltspunkten dafür fehlt, dass Gewalttätigkeiten gezielt und organisiert, d.h. im Zusammenwirken mit anderen
Teilnehmern, verübt werden sollten.” 

Demonstranten mit Plakaten gegen die Ampel vor der Fähre von Robert Habeck in Schlüttsiel
Landwirte protestieren gegen Robert Habeck am Fähranleger von Schlüttsiel. Der Vorfall sorgte bundesweit für Aufsehen.

Die Polizei nahm keine einzige Personalie auf

Haben also die recht, die den Vorfall von Medien und Politik für aufgebauscht hielten? Ganz so einfach ist es nicht. Denn die Polizei entschied sich vor Ort für eine Strategie der Deeskalation und nahm keine einzige Personalie auf. Das macht es gerade bei unübersichtlichen Situationen wie Demonstrationen schwierig, Straftaten hinterher zuzuordnen. Ohne klare Zuordnung, aber keine Anklage.

Selbst die zahlreichen Videos waren dabei nur begrenzt hilfreich. Denn es herrschte Getümmel, und es war dunkel. Die Auswertung “der aufgrund von Dunkelheit äußerst schlechten Qualität des umfangreich gesicherten Film- und Bildmaterials” habe “keine Erkenntnisse” gebracht, stellt die Staatsanwaltschaft in ihrer Pressemitteilung fest.

Von den vielen Augenzeugen gab es unterschiedliche Aussagen. Einige fühlten sich in der Tat von der Menge beim Verlassen der Fähre bedrängt. Andere sagten hingegen, man habe das Schiff zu jedem Zeitpunkt gefahrlos verlassen können.

Die Schutzbeamten von Robert Habeck kamen zu dem Ergebnis, ein Verlassen der Fähre sei für den Minister zu gefährlich. Allerdings handelte es sich bei ihnen um Bundesbeamte, die Lage und Stimmung vor Ort nicht gut kannten und möglicherweise anders einschätzten als Ortskundige.

So reagierte Habeck 

In einem einzigen Punkt gehen die Ermittlungen weiter. Ein Demonstrant soll sich an der Rampe zur Fähre den Anweisungen der Polizei widersetzt haben. Er konnte identifiziert werden. “Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, in den Abendstunden des 4. Januar 2024 in Schlüttsiel auf der Rampe zum dortigen Fähranleger die aufgebaute Polizeikette durchbrochen zu haben”, heißt es in der Pressemitteilung. 

Das Verfahren gegen den Mann ist abgetrennt. Ob es am Ende zu einer Anklage kommt, ist noch völlig offen. 

Robert Habeck muss geahnt haben, dass der Vorfall von Schlüttsiel für ihn doppelt problematisch ist. Der Grünen-Politiker, der bei Beleidigungen gegen ihn im Netz immer wieder Strafanzeige erstattet, hat in der Causa Schlüttsiel keine einzige Anzeige gestellt.

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