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Facebook, Instagram und Co.: Weniger Fakten, mehr Hass: Was bedeuten die neuen Meta-Regeln für Deutschland?

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Der Facebook-Konzern Meta schafft unabhängige Faktenprüfer in den USA ab. Auch die Regeln gegen Hassrede werden gelockert. Ein Freifahrtschein für Trolle auch in Deutschland?

Amerika First – auch bei Fake News. Künftig gelten in den USA andere Regeln für Plattformen wie Facebook, Instagram oder Threads. Unabhängige Faktenprüfer werden abgeschafft und durch sogenannte “Community Notes” ersetzt, bei denen Nutzer unter einem Beitrag einordnenden Kontext hinzufügen können. Vorbild: X, ehemals Twitter. Die Regeln für Hassrede werden aufgeweicht. Mit Dana White, Chef des Kampfsportverbands UFC, wurde ein Trump-Vertrauter in den Vorstand berufen und der Republikaner Joel Kaplan wird neuer Politikchef beim Mutterkonzern Meta.

Die neuen Regelungen sind eine Art Verbeugung vor dem künftigen Präsidenten Donald Trump, dessen Verhältnis zu Meta-Gründer Mark Zuckerberg als eher angespannt gilt. Damit adaptiert der Meta-Chef den Kuschelkurs anderer Tech-Größen wie Amazon-Gründer Jeff Bezos oder Quasi-Vizepräsident Elon Musk, die im Hause Trump derzeit ein- und ausgehen. 

“Die jüngsten Wahlen fühlen sich wie ein kultureller Wendepunkt an – eine Rückbesinnung auf die Priorisierung der freien Meinungsäußerung”, so Zuckerberg. Vorerst gelten die Neuerungen nur in den USA. Doch bei seiner Ankündigung greift Zuckerberg auch die Europäische Union an: “In Europa gibt es immer mehr Gesetze, die die Zensur institutionalisieren und es schwierig machen, etwas Innovatives zu entwickeln”. 

Die US-Regeln bei Meta: ein Vorgeschmack für deutsche Nutzerinnen und Nutzer?

Gemeint ist der Digital Services Act (DSA) der EU. Dieser schreibt den großen Plattformen vor, falsche Informationen und illegale Inhalte wie Terror-Verherrlichung oder Darstellungen sexueller Gewalt zu löschen. Wer in Deutschland beispielsweise Nazi-Propaganda bei Instagram postet, dürfte damit nicht durchkommen. Was trotzdem online geht, kann von Nutzern gemeldet werden. “Die genaue Anzahl der täglichen Meldungen variiert, aber angesichts der Milliarden von Nutzern weltweit ist von mehreren Millionen Meldungen pro Tag auszugehen”, sagt der Journalist Torsten Beeck. Beeck ist Chefredakteur der IT-Nachrichtenplattform Heise Online und arbeitete vorher drei Jahre lang bei Facebook Deutschland. 

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Dass Meta die neuen Regeln genau so auf Deutschland ausweitet, hält Beeck deshalb für unwahrscheinlich. “Ein rein community-basiertes System, wie es Meta in den USA einführt, kann die Anforderungen der EU vermutlich nicht erfüllen”, sagt Beeck dem stern. “Dazu wäre ein solches System anfällig für Manipulationen und auch aus Nutzerperspektive in Europa deutlich negativer aufgenommen werden.” Doch Beeck sagt auch, politischer Druck durch den künftigen US-Präsidenten könnte die Lage verändern.

Facebook (mehr als drei Milliarden monatliche User weltweit) und Instagram (2,1 Milliarden User pro Monat) gehören zu den erfolgreichsten Social-Media-Plattformen. Noch. Wie sich die Netzwerke entwickeln könnten, zeigt das Beispiel Twitter nach dem Kauf von Elon Musk 2022. “In der Woche nach seiner Übernahme haben wir gemessen, dass es zu einer Verdreifachung der Hassreden gegen schwarze Menschen kam”, sagt Imran Ahmad dem RBB. Ahmad ist Geschäftsführer des US-amerikanischen “Center for Countering Digital Hate” (CCDH). “Es gab einen massiven Anstieg im Hass gegen Homosexuelle, gegen Frauen, gegen Muslime und Juden.” Viele Menschen verlassen die Plattform deshalb.

Allein am Tag nach der Wiederwahl von Donald Trump im November 2024 wurden etwa 115.000 US-Konten deaktiviert, schätzt “Euronews” auf Basis von X-Daten. Die Zahl lässt sich nur schwer einordnen, weil Musk das Unternehmen im Oktober 2022 von der Börse nahm und damit keine öffentlichen Geschäftsberichte mehr fällig sind. Doch viele Fachleute sind sich einig: Nutzerinnen und Nutzer befürchten noch mehr Hassrede, der sich nicht jeder aussetzen möchte. Auch in Deutschland zogen sich einer Bitkom-Studie zufolge im Jahr nach der Musk-Übernahme etwa fünf Prozent der User zurück.

“Die Demokratie wird nicht auf Facebook verteidigt” 

In Deutschland sind Facebook oder Instagram deutlich relevanter als X. Mehr Menschen nutzen die Plattformen und teilen ihre Inhalte dort. Sozial gesehen ist der Druck damit größer, auf den Plattformen zu bleiben. Machen Fake News dort die Runde, werden sie wahrscheinlich von mehr Menschen gesehen – die künstliche Intelligenz, der Algorithmus, liebt bekanntlich menschliche Interaktion. Das macht Falschinformationen so gefährlich, gerade kurz vor den Bundestagswahlen. “Die Demokratie wird nicht auf Facebook verteidigt”, sagt Torsten Beeck dem stern. “Aber die Abschaffung professioneller Faktenprüfung könnte die Verbreitung von Fehlinformationen erleichtern.”

Warum Meta kein Interesse an Faktenchecks haben kann – und was das für die Nutzer bedeutet 17.40

Derzeit gebe es von Meta keine unmittelbaren Pläne, die Überprüfung von Fakten durch Dritte auch in der EU abzuschaffen, erklärte der Konzern am Mittwoch. Faktenchecks abzuschaffen wäre grundsätzlich aber auch mit dem derzeitigen Datenschutzgesetz DSA möglich. Externe Faktenchecker sind laut dem EU-Kommissionssprecher für Digitalfragen, Thomas Regnier, nur einer der Wege, um die Vorgaben aus Brüssel zu erfüllen. Das sagte er er Nachrichtenagentur AFP. Auch die von Zuckerberg angekündigten “Community-Notes” könnten theoretisch im Einklang mit dem DSA sein – entscheidend sei, ob die Maßnahmen Wirkung zeigten.

Zumindest gegen Zuckerbergs Zensur-Vorwurf wehrt sich die EU entschieden. “Nichts, aber auch gar nichts in den EU-Gesetzen zwingt Plattformen legale Inhalte zu löschen”, sagte ein Sprecher der “FAZ”. Was stattdessen verhindert werden soll: Hass, Beleidigungen und Fake News. 

Sonst könnten Facebook, Instagram und Co. häufiger solche Nachrichten verbreiten: Mark Zuckerberg. 14. Mai 1984 bis 7. Januar 2025. Der Facebook-Gründer verstarb unerwartet, als er die Faktenchecks auf seinen Plattformen deaktivierte.

Weitere Quellen:  Heise Online, Meta Transparenzbericht, Bundesregierung, “FAZ“, RBB, mit Informationen der Nachrichtenagenturen DPA und AFP

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