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Verständnisvolles Einwirken: Experte: Rimbach ist Beispiel für gute Polizeiarbeit

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Kein Druck: Die moderne Verhandlungstaktik der Polizei bei Geiselnehmern ist zunächst auf Zuhören und Verstehen ausgerichtet. Experte Egg erklärt, wie Beamte eine Gesprächsbasis mit Tätern aufbauen.

Das unblutige Ende der Geiselnahme von Rimbach ist für den Wiesbadener Kriminalpsychologen Rudolf Egg ein schönes Beispiel dafür, wie mutmaßlich mit guter Polizeiarbeit Schlimmeres verhindert wurde. Der Umgang mit den Tätern während solcher Einsätze habe sich in den zurückliegenden Jahrzehnten deutlich verändert, sagte der Professor unter Verweis auf Studien. Während in den 1950er-Jahren noch häufig Druck aufgebaut worden sei, setze die Polizei inzwischen zumeist auf Zuhören und “verständnisvolles Einwirken”, um die Lage zu entschärfen und die Geiseln zu retten.

Ein 36-Jähriger hatte am Dienstag in Rimbach eine Bankmitarbeiterin bedroht und drei Stunden lang festgehalten, bevor Beamte ihn festnehmen könnten. Vor der Festnahme hatte eine Verhandlungsgruppe Kontakt zu dem Täter. Die Motive des Mannes waren zunächst unklar. Er und sein 21 Jahre altes Opfer blieben äußerlich unverletzt.

Fester Ansprechpartner ist wichtig

Bei solchen Lagen kommen speziell ausgebildete Polizisten zum Einsatz, die, wenn möglich, mit dem Täter sprechen. “Anders als andere Polizisten stellen sie sich mit Namen vor und bleiben dann der feste Ansprechpartner für den Geiselnehmer.” Über die Gespräche versuchten die Ermittler, die Gefährdungslage besser einzuschätzen. Dabei gehe es etwa um die Fragen: “Ist das jemand, der extrem gewaltbereit ist? Oder ist das jemand, bei dem man noch hoffen kann, dass er eben nicht zum Äußersten schreitet?”, ergänzte Egg.

“Das Ganze kann sehr lange dauern. Das heißt, da braucht man auch Geduld seitens der Polizei“, erklärte der Experte. Zu einem bewaffneten Einsatz komme es nur dann, wenn die Beamten den Eindruck bekommen, mit dem Täter ist überhaupt nicht zu reden, die Geiseln sind in akuter Gefahr. “Dann wird man eine andere Lösung als eine Verhandlungslösung suchen müssen”, sagte Egg. Möglich sei etwa ein überraschendes Einschreiten der Beamten. 

Verständnis signalisieren und Brücken bauen

Während der Verhandlungen sei es wichtig, dem Täter zu signalisieren, dass man seine möglichen Motive versteht, etwa wenn ein Mensch aus einer persönlichen Notsituation heraus Geiseln nimmt, erläuterte Egg. Dies könnten etwa Beziehungsprobleme sein. Ein Verhandlungsführer versuche dann, im Gespräch kleine Brücken zu bauen und auch auf Wünsche einzugehen, soweit dies möglich ist. Außerdem sei es wichtig, den Blick des Täters auf die schlimme Situation der Geiseln zu lenken, ergänzte Egg. Womöglich kann so ein Einlenken erreicht werden, dass sich seine Situation nicht verbessert, nur weil er nun seinen Opfern etwas antut.

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