Ein Vergewaltigungsprozess in Österreich sorgt für Schlagzeilen: Eine Jugendgruppe sollen sich Monate lang an einer 12-Jährigen vergangen haben. Nun gibt es ein Urteil.
Im Prozess um die mutmaßliche Vergewaltigung einer Zwölfjährigen hat das Landgericht in Wien einen Angeklagten freigesprochen. Der 17 Jahre alte Beschuldigte habe davon ausgehen können, dass die heute 13-Jährige dem Geschlechtsverkehr zugestimmt habe, urteilten die Richter am Dienstag. Sollte das Mädchen dem abgeneigt gewesen sein, sei dies für den Angeklagten nicht erkennbar gewesen. Außerdem sei keine Gewalt angewandt worden.
Dem Teenager und mehr als einem Dutzend weiterer minderjähriger Jugendlicher sowie einem 19-Jährigen wird vorgeworfen, das Mädchen im Jahr 2023 mehrfach sexuell missbraucht zu haben. Der Fall wird seit November 2024 am Landgericht Wien verhandelt. Es ist das zweite Mal, dass die Richter einen der Angeklagten freisprechen. Im Gegensatz zum ersten Urteil ist dieser Freispruch aber noch nicht rechtskräftigPAID Vergewaltigung Rausziehen 15.25
Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt in dem Fall gegen 17 Personen. Die Jugendlichen stammen nach Polizeiangaben aus Österreich, Syrien, der Türkei, Bulgarien, Italien und Serbien. Vier von ihnen sind einem Medienbericht zufolge strafunmündig. Die Angeklagten sollen sich zwischen Februar und Juni 2023 mehrfach, teils wöchentlich in Treppenhäusern, Hotelzimmern und einem Parkhaus am Hauptbahnhof in Wien an ihr vergangen haben. Dabei hätten sie die Gruppen-Vergewaltigungen gefilmt und das Mädchen mit den Handyvideos erpresst. Den jungen Männern wird schwerer sexueller Missbrauch einer Unmündigen vorgeworfen.
Teenager geständig – aber keine Vergewaltigung
Der heute 17 Jahre alte Freigesprochene gilt als Drahtzieher. Er war zum Zeitpunkt der Tat 15 Jahre alt und lernte das Mädchen über die Social-Media-Plattform Snapchat kennen. Beide hätten Nacktbilder und Videos ausgetauscht. Anfang 2023 hätten sich die beiden in einem Park getroffen. In einem nahegelegenen Parkhaus sollen sich die beiden zunächst einvernehmlich geküsst haben. Anschließend habe der Teenager das Mädchen zum Oralverkehr bewegt, “obwohl sie klar und deutlich gesagt hat, dass sie das nicht will”, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Dabei habe er sie auch am Kopf gefasst – für die Staatsanwaltschaft ein klares “Gewaltelement”.
Laut dem Verteidiger gestand der 17-Jährige die Taten. Sein Mandant habe das Mädchen angebettelt und am Ende überredet. Der Teenager wisse, “dass er einen Fehler gemacht hat”. Den Vorwurf der Vergewaltigung wies der Verteidiger allerdings zurück.PAID Gisèle P. Avignon Prozess 15:08
Unklar bleibt indes, warum das Mädchen dem Beschuldigten auch nach der Anzeige noch Nacktbilder zukommen ließ. In dem Gutachten einer renommierten Kinder- und Jugendpsychologin hieß es, das Mädchen leide nicht unter einer posttraumatischen Belastungsstörung. Trotzdem gehe es dem Mädchen schlecht, sagte der Wiener Rechtsanwalt, der die Betroffene vertritt. Sie habe den Wohnort, die Schule und den Freundeskreis wechseln müssen.
Als Zeichen einer symbolischen Wiedergutmachung überreichte der 17-Jährige dem Rechtsvertreter der 13-Jährigen im Verhandlungssaal einen 100 Euro-Schein.
Mutmaßliche Vergewaltiger alle polizeibekannt
Das Mädchen brachte die Vorfälle laut Polizei im Oktober 2023 zur Anzeige. “Konkret war es so, dass das Opfer sehr häufig die Schule geschwänzt hat, um sich mit den Beschuldigten zu treffen”, sagte ein Polizeisprecher. Die mutmaßlichen Täter hätten das Mädchen ständig unter Druck gesetzt und damit gedroht, ein Video vom Geschlechtsverkehr zu veröffentlichen, wenn sie nicht wieder mit ihnen schlafe. Die Aufnahmen sollen sie über Online-Dienste untereinander ausgetauscht, ansonsten aber nicht veröffentlicht haben.AirBnB im Bordell 16.23
Einer der Beschuldigten wurde im Dezember 2024 freigesprochen, weil der Geschlechtsverkehr “völlig einvernehmlich” und gewaltfrei gewesen sei, urteilte das Landgericht damals. Außerdem sei für den Jugendlichen nicht erkennbar gewesen, dass das Mädchen nicht einverstanden gewesen sei. Das Urteil ist rechtskräftig. “Es passiert oft, dass man zuerst Nein sagt und sich dann durch Zärtlichkeiten überzeugen lässt“, zitierte die österreichische Nachrichtenagentur Apa die Vorsitzende eines Schöfensenats.
Die Tatverdächtigen sind fast alle wegen Eigentums- und Gewaltdelikten polizeibekannt, hieß es. Die Serie der Übergriffe endete, als das Mädchen ihren derzeitigen, gleichaltrigen Freund kennenlernte, wie die Polizei mitteilte.