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Gut zu wissen: Lecker Schnee? Geht so. Warum man lieber nicht zu viel von ihm essen sollte

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Schnee ist verführerisch – seine Flockenformen, die Temperatur, die Konsistenz – und er schmilzt so schön auf der Zunge. Aber ist es auch unbedenklich, ihn zu essen? 

Die Berührung ist ganz zart, kaum merklich meist, wenn Schneeflocken auf die Zunge treffen. Im Nu geschmolzen, hinterlassen die verzweigten Gebilde gerade mal eine Idee von kühler Nässe. Von einer Handvoll davon, zusammengeknetet zu einer dichten Kugel, lässt es sich abbeißen wie von einem Apfel; Schnee, der erst antaut und dann wieder gefriert, kann man lutschen wie Wassereis. Aber so verlockend es auch ist, den Konsistenzen der vielen Arten von Schnee nachzuschmecken, eine gute Idee ist das nicht.

“Hauptsache, er ist nicht gelb” – ein Spruch, den wohl jeder im Zusammenhang mit dem Spiel im Schnee schon einmal gehört hat. Denn wo sich schneeweiß zu schneegelb verfärbt hat, hat zuvor mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Zwei- oder Vierbeiner gepinkelt. Auch auf einer Kostprobe braungematschtem Schnee-Erdgemisch oder eingeschwärztem Abgas-Schnee vom Straßenrand wird meist geflissentlich verzichtet. Aber Schnee, frisch aus der Wolke gefallen, noch ohne Bodenberührung, gilt allgemein hin als rein. Ein Irrglaube.

“Regenwasser und Schnee sind keine Nahrungsmittel und nicht keimfrei”, so das Umweltbundesamt zu “Ökotest”. Eine Belastung sei zum Beispiel über den Luftpfad mit Verbrennungsprodukten, Stäuben oder mikrobiellen Aerosolen denkbar. So fand ein Forscherteam aus Nordirland bei der Erprobung von Neuschnee bereits 2018 eine Vielzahl von Bakterien. Alarmierend waren die Funde nicht. Dennoch können einige der gefundenen Bakterienstämme Infektionen beim Menschen auslösen. Gefährlich werden könnten diese vor allem immungeschwächten Personen, kleinen Kindern und älteren Menschen. Frieren im Winter 15.55

Schnee ist ein Feinstaubfänger

Regen kann schmutzig sein, in ihm sammeln sich Pollen, Bakterien, Feinstaub, Abgase und auch Schwermetalle. Einer schwedischen Studie aus dem Jahr 2022 zufolge ist Regenwasser inzwischen so verschmutzt, dass es nicht mehr trinkbar ist. Das Forscherteam aus Schweden hatte extrem langlebige und gesundheitsschädliche Chemikalien in hohen Konzentrationen selbst in abgelegenen Gebieten der Welt nachgewiesen. Bei Schnee handelt es sich zwar nicht um gefrorenen Regen, Schnee bildet sich direkt in den Wolken, aber wie Regen kann auch er Schadstoffe aus der Luft aufnehmen. 

Gerade an Tagen mit hoher Feinstaubbelastung sei das Risiko gegeben, dass auch die Schadstoffbelastung im Schnee hoch ist, schreibt “Ökotest”. 2016 hatten kanadische Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen mit einem Versuch in der Kältekammer herausgefunden, dass sich Schnee schnell mit Schadstoffen wie Feinstaub anreichert. Die Feinstaubbelastung ist in der Regel dort am höchsten, wo auch das Verkehrsaufkommen hoch ist, gerade in sogenannten Straßenschluchten, sowie an industriell geprägten Orten. 

Auch bestimmte Wetterlagen können zu erhöhten Feinstaubwerten beitragen. Genauere Informationen über die jeweiligen Luftqualitäten können über die Luftqualitätsindex-Karte des Umweltbundesamtes abgerufen werden. PAID Neujahrsmüdigkeit: Warum vielen gerade jetzt die Kraft ausgeht 15.50

Es schneit Plastik

Wenig appetitlich ist auch, was das Alfred-Wegener-Institut herausfand. Die Forschenden hatten in einer Studie 2019 entdeckt, dass Schnee vielerorts mit Mikroplastik kontaminiert ist. Sogar weit abgelegene Orte wie die Arktis seien betroffen. Bei den winzigen Plastikteilchen handelt es sich um Kunststoffabbauprodukte. 

“Mikroplastik wurde in allen Regionen und allen Ökosystemen der Erde nachgewiesen, es findet sich auch in zahlreichen Lebensmitteln, Getränken und in vielen menschlichen und tierischen Organen und Geweben”, so das Umweltbundesamt. PAID Mikroplastik 14.21

Von Streusalz bis Kot

Schnee aus der Luft gefangen ist das eine, vom Boden gesammelt noch einmal etwas ganz anderes. Der Schnee verschmutzt am Boden weiter – zum Beispiel durch Kot und Urin von Tieren, aber auch durch Split oder Streusalz. Streusalz belastet nicht nur die Umwelt, beim Menschen kann es unter anderem zu Erbrechen und Durchfall führen. 

“Beim Streusalz handelt es sich um ganz normales Kochsalz, welches allerdings keine Essqualität besitzt”, informiert das Giftinformationszentrum Nord. “Einzelne Körner stellen daher kein Problem dar, erst bei größeren Mengen sollte ein Arzt aufgesucht werden.” Das Problem: Ob im Schnee Streusalz ist oder nicht, ist mit bloßem Auge oftmals nicht zu erkennen.Hirnfrost Artikel 12.00

Schnee nur in Maßen “genießen”

Ab und zu mal eine Schneeflocke mit der Zunge fangen oder auch einmal eine Handvoll sauberen Schnee zu essen, ist nicht direkt bedenklich für die Gesundheit. Eltern müssen nicht in Panik ausbrechen, wenn das Kind einmal mit offenem Mund über die Rodelpiste pflügt. In geringfügigen Mengen ist der Verzehr in den meisten Fällen ungefährlich. Dennoch: In Gegenden mit viel Straßenverkehr oder anderen Abgasen empfiehlt es sich, auf das Schneeessen zu verzichten.

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Quelle: Studie zu Regenwasser, Studie zu Bakterien im Schnee, Studie Schneeverschmutzung,Studie Mikroplastik, Umweltbundesamt, Quarks, Ökotest

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