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Bundesverfassungsgericht billigt Gewinnabschöpfung für Strompreisbremse

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Das Bundesverfassungsgericht hat die Gewinnabschöpfung zur Finanzierung der Strompreisbremse gebilligt. Der Eingriff in die Berufsfreiheit sei als Reaktion auf die durch den Ukraine-Krieg ausgelöste “Ausnahmesituation” gerechtfertigt, entschieden die Richterinnen und Richter in Karlsruhe am Donnerstag. Mehrere Verfassungsbeschwerden wurden damit abgewiesen. (Az. 1 BvR 460/23 und 1 BvR 611/23)

Insgesamt 22 Ökostromerzeuger hatten sich gegen die Abschöpfung eines Teils ihrer Gewinne gewandt. Das Geld finanzierte die Strompreisbremse mit, die in Deutschland im vergangenen Jahr galt und Privathaushalte und Firmen entlastete. 

Hintergrund ist die Knappheit von Gas wegen des Ukraine-Kriegs im Jahr 2022. Die Gaspreise stiegen enorm, und weil sie maßgeblich auch die Strompreise bestimmen, diese ebenfalls. Verbraucher und Wirtschaft waren stark belastet. Stromanbieter, die kein Gas zur Erzeugung einsetzten, erwirtschaften hohe Gewinne. 

Mit der Ende 2022 beschlossenen Gas- und Strompreisbremse wurde ein Teil dieser Gewinne abgeschöpft; laut Bundesnetzagentur waren es bis Ende September insgesamt 750 Millionen Euro. Mit diesen Millionen und weiteren Mitteln aus dem staatlichen Wirtschaftsstabilisierungsfonds wurden bis Ende 2023 die Preise für Gas, Fernwärme und Strom zum größten Teil gedeckelt, Verbraucher und Industrie so entlastet. Den Weg hierfür hatte eine Notfallverordnung der EU freigemacht.

Die Ökostromerzeuger hatten argumentiert, es sei nicht ihre Aufgabe, die Stromkunden zu entlasten. Dies müsse aus Steuermitteln finanziert werden. Ökostrom habe dazu beigetragen, den Anstieg des Strompreises zu bremsen.

Das Bundesverfassungsgericht betonte nun das “legitime Ziel” des Gesetzgebers, einen Ausgleich zwischen den besonders begünstigten Stromerzeugern und den belasteten Stromverbrauchern herzustellen. Die Strompreisbremse sei “geeignet und erforderlich” gewesen, dieses Ziel zu erreichen.

Insbesondere die Betreiber von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien hätten “außerordentliche, die typischen Investitionserwartungen weit übersteigende Erlöse” einfahren können, führten die Karlsruher Richter zur Begründung aus. Weil es sich um eine besondere Situation gehandelt habe, sei auch nicht zu erwarten gewesen, dass die hohen Gewinne neue Investitionen in erneuerbare Energien auslösen würden.

Der mit der Abschöpfung dieser “Überschusserlöse” verbundene Eingriff in die Berufsfreiheit sei “angemessen”. Wegen der Befristung auf die kurze Zeit von Dezember 2022 bis einschließlich Juni 2023 seien zudem “wesentliche Teile” der außergewöhnlichen Erlöse bei den Betreibern verblieben.

Das Gericht betonte aber, dass eine solche Gewinnabschöpfung nur in dieser durch den Ukraine-Krieg ausgelösten Ausnahmesituation zulässig gewesen sei. “Einzig diese spezifische Situation ist Gegenstand des heutigen Urteils”, sagte Verfassungsgerichtspräsident Stephan Harbarth bei der Urteilsverkündung.

Die Linke forderte dennoch eine Übergewinnsteuer für Kernbereiche der Lebenshaltungskosten. “So bleiben Einkauf und Heizung bezahlbar”, sagte Parteichef Jan van Aken der “Rheinischen Post” (Freitagsausgabe).

“Eingriffe in den Strompreis sollten dringend unterbleiben”, erklärte dagegen der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Achim Dercks. Nur so könne es zu einem Ausgleich von Angebot und Nachfrage kommen. Zudem benötigten Betreiber “die Sicherheit, dass die Politik nicht nachträglich durch Eingriffe Investitionen entwertet”.

xmw/ilo

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