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Schach-WM: Raus aus der Dunkelheit – der depressive Weltmeister überrascht alle

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Schachweltmeister Ding Liren ist nach dem Titelgewinn 2023 in eine Depression gefallen. Zur Titelverteidigung tritt er gegen ein 18-jähriges Wunderkind an – Ausgang offen.

Wenn Ding Liren Schach spielt, sieht er oft ziemlich gequält aus. Er legt dann den Kopf in beide Hände oder stützt sich mit einer ab, wenn er den nächsten Zug durchspielt. Die ganze Last der Welt scheint in diesem Moment auf seinen Schultern zu lasten. So war es im März 2023, als der 32-jährige Chinese im kasachischen Astana den Thron der Schachwelt bestieg. So ist es jetzt in Singapur, wo Ding seinen Titel gegen den 18-jährigen Dommaraju Gukesh verteidigt. Und als amtierender Weltmeister dennoch als Außenseiter gilt.

Doch zur Überraschung der meisten Experten gewann der Chinese das erste Spiel. Die zweite Partie am Dienstag endete nach 23 Zügen remis. Ding führt mit 1,5 zu 0,5 Punkten. Steht es nach regulären 14 Partien unentschieden, entscheidet ein Stichkampf im Schnellschach. Dass er dafür die Nerven besitzt, hat Ding im vergangenen Jahr bewiesen. Damals schlug er im Tiebreak den Russen Jan Nepomnjaschtschi, der dem Druck nicht standhielt und Fehler machte.

Schach-WM: Viele Experten sehen Gukesh vorn 

Ob Ding mit der Führung im Rücken den Titel tatsächlich verteidigen kann, bleibt offen. Die allermeisten Experten sahen vor dem WM-Duell den jungen Herausforderer als klaren Favoriten. Gukesh gilt als neues Wunderkind des Schachs. Im Qualifikationsturnier zur WM räumte er die drei Schwergewichte Nepomnjaschtschi, Fabiano Caruana und Hikaru Nakamura ab. Die Schach-Olympiade, der bedeutendste Mannschaftswettbewerb des Sports, gewann Indien dank ihres stärksten Spielers. STERN PAID 41_22 Elisabeth Pätz Schach 10.30

Ding hingegen lieferte im Vorfeld des Turniers nur mittelmäßige Leistungen ab. “Ich habe mir meine vergangenen Partien angesehen und festgestellt, dass die Qualität sehr niedrig war und dass mein Kampfgeist nicht so gut ist, weil ich sogar mit besseren Stellungen nur ein Remis erreiche. Ich weiß die genauen Gründe nicht, aber ich bin weit von meiner Spitzenleistung entfernt”, lautete seine Selbsteinschätzung. Zudem versprühte er nicht gerade Optimismus hinsichtlich seiner Chancen: “Ich mache mir große Sorgen, dass ich vernichtend verlieren könnte. Hoffentlich wird das nicht passieren.”

Der Leistungsabfall des Chinesen in diesem Jahr hat mit viel den psychischen Problemen zu tun, mit denen Ding zu kämpfen hat. Nach seinem Erfolg im Frühjahr 2023 fiel er in eine tiefe Depression und verschwand monatelang von der Bildfläche. In dieser Zeit spielte er kein Turnier. Er selbst berichtete in Interviews freimütig von seiner Leidenszeit. Nach dem Gewinn des WM-Titels sei er in eine “Dunkelheit” gefallen. “Aber danach konnte ich nicht mehr schlafen. Ich habe monatelang mit Schlaflosigkeit gekämpft. Mein Arzt hat mir Medikamente verschrieben, ich war zweimal in der Klinik”, sagte er in einem Interview mit der “Zeit”. Für einen Profi-Schachspieler kann so eine psychische Krise existenzbedrohend sein. PAID Interview_Schach_Elisabeth_Paehtz 7.59

Ding meldet sich aus der “Dunkelheit” zurück

Im schleswig-holsteinischen Weissenhaus traf er bei einem Freestyle-Turnier auf die besten Schachspieler der Welt, unter anderem war der langjährige Weltmeister Magnus Carlsen mit von der Partie. Ding gewann kein einziges seiner 13 Spiele, zehn verlor er sogar. So desaströs ging es weiter. Von den 20 Partien im klassischen Schach unmittelbar vor der WM bestritt er nur eine siegreich, in der Weltrangliste rutschte auf den 23. Platz ab – und das als Weltmeister. 

Die Vorzeichen für Singapur standen also nicht gut. Aber mit der gewonnenen Auftaktpartie und der aktuellen Führung hat Ding gezeigt, dass er weiterhin auf höchstem Niveau spielen kann. Vielleicht behält Magnus Carlsen recht. Das norwegische Schachgenie (Weltmeister von 2013 bis 2023), sagte im Vorfeld, dass Ding seinen Titel verteidigen könnte, wenn er das erste Spiel gewinnt. Der Fall ist nun eingetreten.

Quellen: “Spiegel“, “Süddeutsche Zeitung“, “Die Zeit”, “The Big Greek“, “chess.com“, “Take Take Take

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