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Jugendlicher berichtet: So können Ihre Kinder ihre Handysperren umgehen

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Anstatt zu Puppen oder Spielzeugautos greifen Kinder zu ihren Smartphones – zum Leidwesen der Eltern oft viel zu viel. Aber auch eine Zeitsperre für das Handy hilft nicht immer.

Maximilian Wiese ist Schülerpraktikant beim stern. Er ist 15 Jahre alt und besucht die zehnte Klasse.

Die Google-Sprecherin wirkte auf mich überzeugend und entschlossen. “Wir arbeiten kontinuierlich daran und haben viel investiert, um Eltern Tools bereitzustellen, die sie dabei unterstützen, ihre Kinder online zu schützen”, teilte sie mir auf meine Anfrage hin mit. Sobald dem Unternehmen Probleme mit Jugendschutz-Einstellungen auf Smartphones auftreten, habe es Priorität, diese in kürzester Zeit zu beheben.

Anlass für meine Anfrage waren meine eigenen Erfahrungen – denn auch ich habe die angeblichen Schutzvorkehrungen meiner Eltern immer wieder ausgetrickst.

Smartphone-Sperre umgehen – so funktioniert’s

Das Handy hatte längst mein Kuscheltier ersetzt. “Ich höre eh nur noch ein Hörspiel”: Das war für meine Eltern nie ein Problem. Sie mussten ja nicht befürchten, dass ich noch anderes mit dem Smartphone mache, schließlich waren andere Apps zeitgesteuert gesperrt.

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Doch aus einem Hörspiel bei Spotify wurde eine Staffel auf Netflix. Aus um 20 Uhr schlafen gehen wurde ganz schnell 23 Uhr. Das war vor einigen Jahren nicht die Ausnahme, sondern die Regel – obwohl die von meinen Eltern eingerichtete Handysperre um 20 Uhr greifen sollte.

Die Bildschirmzeit zu verlängern, war aber ganz einfach. Trick Nummer eins: Ich reiste virtuell in die Vereinigten Staaten, nach Washington, und stellte die Zeitzone von Berlin einfach um – auf jene der US-Hauptstadt. Statt 20 Uhr war es auf meinem Handy plötzlich 14 Uhr und ich konnte am Handy weitaus mehr tun als nur ein Hörspiel hören. Bis meine Eltern dahinter kamen. Und ich vorerst wieder mit Kuscheltier statt Smartphone vorliebnehmen musste.

Mein Tipp für Eltern

Als ich mein Handy zurückbekam, musste ich mir etwas Neues überlegen, genauer: Ich musste an den Code meiner Eltern kommen, der mich daran hinderte, täglich mehr Zeit auf Youtube und Co. zu verbringen, als ihnen lieb war. Als Digital Native hatte ich aber auch dafür eine Lösung: Die Frau, die mich kürzlich noch gefragt hat, wie man einen Screenshot macht, würde wohl kaum das rote Blinken in der rechten Ecke des Handys zuordnen können. Denn als meine Mutter mein Handy entsperren wollte, stellte ich vorher im Hintergrund die Bildschirmaufnahme an – und schon konnte ich anschließend im Video einfach die eingegebenen Ziffern ablesen. Zur Not auch mehrfach.

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Kindern das Handy einfach abzunehmen, ist in meinen Augen auch keine Lösung. Denn die üblichen Verstecke der Eltern kennen wir oftmals ziemlich gut.

Warum ich Ihnen das alles erzähle und die Tricks der Jugend verrate? Weil ich inzwischen die Seiten gewechselt habe. Mittlerweile achte ich selbst darauf, dass meine zehnjährige Schwester ihre Freizeit nicht mit dem Schauen alberner Videos vergeudet.

Was aber tun, wenn Kinder und Jugendliche Zeitbeschränkungen oder Codesperren umgehen können?

Klar ist: Seit ich mein Kuscheltier gegen Smartphone getauscht habe, ist viel passiert, da hat die Google-Sprecherin Recht. Ganz so leicht austricksen kann man die heutigen Sperren nicht mehr. Mein Tipp an alle Eltern ist daher: Richten Sie eine Sperre für die Bildschirmzeit ein, die alle Apps umfasst. Das heißt: Kinder können beispielsweise eine Stunde am Tag ihr Handy nutzen. Ob sie diese Zeit auf Whatsapp, Youtube oder mit Brawl Stars verbringen, ist dann ihre Sache. Verhindern lässt sich die Nutzung von Youtube durch App-Sperren ohnehin nicht. Ruft man das Videoportal über iMessage oder ein anderes Nachrichtenprogramm auf, greifen entsprechende Sperren oftmals nicht.

Aber auch das wird keine totale Sicherheit geben. Während Eltern sich mitunter nicht nur auf die Eigenverantwortung ihrer Kinder verlassen können, ist auf eines sicher: Dass Kinder immer Mittel und Wege suchen werden, um die Handysperren zu umgehen. Aber auch die wechseln bestimmt irgendwann die Seite – das ist vielleicht die beruhigende Nachricht für alle Eltern.

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