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Regierungsbildung in Thüringen: Mögliche Brombeer-Koalition ohne Einigung zu Ukraine-Krieg

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CDU, BSW und SPD in Thüringen haben die Sondierung für eine Brombeer-Koalition abgeschlossen, erste Projekte stehen fest. Ein Streitthema bleibt offen – und im Landtag soll experimentiert werden.

CDU, BSW und SPD in Thüringen sind sich in Sondierungsverhandlungen politisch näher gekommen – ein Streitthema sparten die möglichen Partner einer Brombeer-Koalition jedoch aus. Zum Thema Frieden in Europa und zum russischen Angriffskrieg auf die Ukraine enthält das in Erfurt von den drei Parteien vorgelegte Sondierungsergebnis nur eine Ankündigung. Es sei vereinbart worden, dass es dazu einen Passus in der Präambel eines möglichen Koalitionsvertrages der drei Parteien geben wird, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der BSW-Fraktion, Tilo Kummer. 

Zudem wollen die drei Parteien trotz fehlender Mehrheit im Landtag keine Tolerierungs- oder Duldungsvereinbarung mit der Linken abschließen. Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Andreas Bühl, sagte, die drei Partner wollen im Landtag ein neues Konsultationsmodell erproben, um zu Mehrheiten zu kommen. Es gehe um ein Konsultationsverfahren mit allen fünf Fraktionen im Landtag, also auch mit Linke und AfD. Eine Vereinbarung mit der Linken, die zehn Jahre in Thüringen mit Bodo Ramelow den Ministerpräsidenten stellte, sei nicht nötig.

Vorstände entscheiden über Koalitionsverhandlungen 

Am Abend wollen die Vorstände der Wagenknecht-Partei sowie der CDU, die mit ihrem Parteichef Mario Voigt das Ministerpräsidentenamt anstrebt, über die Sondierungsergebnisse beraten und entscheiden, ob sie den Weg für offizielle Koalitionsverhandlungen freigeben. Der SPD-Vorstand tritt am Samstag zusammen.

Ob die Absichtserklärung zum Thema Frieden für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit CDU und SPD reiche, sei die Entscheidung der BSW-Gremien, sagte Kummer. Er verwies wie die Vertreter der beiden anderen Parteien auf konstruktive und vertrauensvolle Sondierungsrunden. “Es gibt einen gewissen Stolz auf das Erreichte im Sondierungspapier”, sagte er für das BSW. 

Parteigründerin Sahra Wagenknecht hat darauf bestanden, dass sich mögliche neue Koalitionsregierungen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg bei einer Beteiligung des BSW zu mehr diplomatischen Bemühungen zur Beendigung des Ukraine-Krieges und gegen US-Waffenstationierungen in Deutschland bekennen. In dem Sondierungspapier steht nur der Satz: “Dem Thema Frieden in Europa werden wir in den kommenden Verhandlungen Raum verschaffen und mit einer Standortbestimmung im Rahmen einer möglichen Präambel gemeinsam begegnen.” 

Notfalls werden Gesetzesinitiativen beerdigt 

Bei dem geplanten Konsultationsverfahren sollen laut Bühl alle Landtagsfraktionen zu Eckpunkten geplanter Gesetze oder Anträge der möglichen Dreierkoalition innerhalb einer Frist ihre Meinung sagen können. Je nachdem, wie das Ergebnis ausfällt, entscheide die Regierung, ob sie ihre Vorhaben im Landtag weiter verfolgt oder sie beerdigt. Mit diesem Verfahren werde auch der Wählerwille respektiert, der für schwierige Mehrheitsverhältnisse gesorgt habe, sagte Bühl. 

Die SPD hatte bereits vor der Landtagswahl ausgeschlossen, in eine Regierung zu gehen, die mit wechselnden Mehrheiten arbeitet. Alle drei Partner einer möglichen Brombeer-Koalition schlossen erneut eine Zusammenarbeit mit der Thüringer AfD mit ihrem Rechtsaußen Björn Höcke aus.

Kostenlose Hortbetreuung soll kommen

Die drei Parteien verständigen sich auf eine ganze Reihe von Vorhaben, die bei möglichen Koalitionsverhandlungen präzisiert werden sollen. Die Vize-Vorsitzende der SPD, Katharina Schenk, nannte unter anderem den Einstieg in eine Entlastung der Eltern bei den Hortgebühren für Schulkinder in Thüringen sowie ein kostenloses Schulessen. Zudem sollen Wege zur Einführung eines Landespflegegelde oder eines Pflegegehaltes für pflegende Angehörige geprüft werden. Die Drei Parteien verständigen sich darauf, die Schuldenbremse einzuhalten, aber durch eine zeitliche Streckung der Schuldentilgung Spielraum für mehr Investitionen zu bekommen.

Patt im Thüringer Landtag 

Das mögliche neue Regierungsbündnis, das die rot-rot-grüne Regierung von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) ablösen will, hat keine Mehrheit im Landtag. Es verfügt über 44 von 88 Sitzen im Thüringer Parlament. Das Patt kann nur mit mindestens einer Stimme der Opposition aufgelöst werden. Stärkste Fraktion ist erstmals in einem Bundesland die AfD.

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