Der Weg zu legalem Cannabis aus einem Anbauverein war in Thüringen bislang steinig. Jetzt sprießen zwar die ersten Blüten. Doch Behörden-Knatsch und Unsicherheiten trüben die Euphorie.
In Thüringens Cannabis-Clubs stehen die ersten Pflanzen vor der Ernte. Die erste Abgabe an die Mitglieder ist in Erfurt etwa Ende Februar geplant, in Weimar soll es im März so weit sein, wie es von den Vereinen heißt. Auch in Jena und in Hildburghausen haben Anbauvereinigungen inzwischen Lizenzen erhalten. Fünf weitere Anträge liegen derzeit noch beim Landesamt für Landwirtschaft und Ländlichen Raum (TLLLR), wie ein Sprecher sagt.
“Die Pflanzen sehen sehr gut aus und wir sind auch zufrieden mit der Qualität”, sagt der Vorstand des Erfurter Vereins, Hermann Klatt. 640 mehr als mannshohe Pflanzen zieht der Club in einer angemieteten Halle auf. Die erste Ernte für die fast 500 Vereinsmitglieder werde voraussichtlich 25 Kilogramm betragen, sagt Klatt. Das müsse zunächst für drei Monate reichen, weil danach neue Pflanzen angebaut werden müssten. Später solle zeitlich versetzt angepflanzt werden, um regelmäßiger ernten zu können.
Seit dem 1. April vergangenen Jahres ist das Kiffen in der Öffentlichkeit weitestgehend erlaubt. Legal lässt sich Genusscannabis seither über Eigenanbau beziehen oder durch Mitgliedschaft in nicht gewerblichen Anbauvereinigungen. Die brauchen eine Genehmigung. Den Antrag darauf können sie in Thüringen seit dem 1. Juli stellen. Das Verfahren ist umfangreich, der Erfurter Club berichtete etwa von einem 80 Seiten langen Antrag. Anfang November erhielten die ersten Vereine ihre Lizenzen.
Probleme mit den Behörden
Doch selbst mit der Lizenz in der Tasche gibt es noch viele Unsicherheiten und Probleme mit Behörden, wie etwa Friedemann Söffing erzählt. Er ist Vorstand beim Cannabis-Club in Weimar und auch Thüringer Landessprecher beim Hanfverband. Viele Themen seien lange verschleppt worden und Konsumierende setzten inzwischen oft eher auf medizinisches Cannabis. “Die Informationen kommen sehr tröpfchenweise, teils sehr spät. Von uns verlangt man aber, immer Gewehr bei Fuß zu stehen, wenn sie anrufen.”
Davon berichtet auch Klatt. In Erfurt sei etwa geplant gewesen, den Anbau mit Setzlingen zu starten, die Vereinsmitglieder gespendet hätten. Einen Tag vor dem Start sei die Ansage gekommen, man müsse mit Samen starten. Und zuletzt sei er aufgefordert worden, binnen weniger Tage alle Mitgliederdaten an die Behörden weiterzugeben. “Das darf ich aber datenschutzrechtlich gar nicht. Jetzt muss man wieder mit Anwälten arbeiten, hat Kosten und Ärger.”
Bundestagswahl sorgt für Sorgenfalten
Dazu komme die anstehende Bundestagswahl. Die CDU etwa hatte in ihrem Wahlprogramm angekündigt, die Cannabis-Legalisierung zurückzunehmen. “Das wäre eine Katastrophe”, sagt Klatt. Allein in Erfurt seien bislang rund 250.000 Euro in die Anbautechnik investiert worden. Der Schatzmeister des Vereins, Dennis Gottschalk, habe sogar seinen Job gekündigt und kümmere sich ehrenamtlich in Vollzeit um die Pflanzen und Vereinsangelegenheiten.
Was aber sowohl Klatt als auch Söffing klarmachen: In Thüringen hakt es zwar an einigen Stellen, aber nicht so stark wie in anderen Bundesländern. Dort ließen die Zulassungsbehörden die Vereine teils “am langen Arm verhungern”. Und im Freistaat gebe es inzwischen sogar eine Arbeitsgruppe der Landessuchthilfe mit den Cannabis-Clubs, wo auf Augenhöhe diskutiert werde.