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Bundestagswahl: Linke als “coole Straßenkicker” im Wahlkampf

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Die Umfragewerte der Linken sind schwach. Und doch präsentiert sie sich bei einem Parteitag bester Stimmung. Hat sie eine Chance?

Die Linke kämpft um ihre Existenz – und präsentiert sich dabei bester Laune. “Wir sind die coolen Straßenkicker in diesem Wahlkampf“, rief der Bundesvorsitzende und bekennende St.Pauli-Fan Jan van Aken bei einem Parteitag in Berlin. “Gehen wir rauf auf den Platz, zeigen wir, dass wir angreifen können und dass wir verteidigen können. Gewinnen wir dieses Spiel.” Er erntete Jubel der rund 450 Delegierten im ehemaligen Postbahnhof mit Industriecharme.

Dabei liegt die Partei fünf Wochen vor der Bundestagswahl in Umfragen bei nur drei bis vier Prozent und damit deutlich unter der Fünf-Prozent-Hürde. Der Bruch mit Sahra Wagenknecht vor einem Jahr hat sie geschwächt – die Linke sitzt nur noch mit 28 Abgeordneten im Bundestag. Risse im Umgang mit dem Gaza- und dem Ukraine-Krieg hat sie intern nur mühsam gekittet. 

Und doch sei die Stimmung atemberaubend, meinte Co-Chefin Ines Schwerdtner. Sie verwies auf 13.000 neue Mitglieder in den vergangenen Monaten. Vor allem aber argumentierte sie, die Partei sei einfach unentbehrlich: “Wir kommen sicher in den Bundestag, denn noch nie war eine Linke so wichtig wie heute.”

Gegen die “faschistische Partei”

Schwerdtner teilte in ihrer Rede vor allem nach rechts aus – was auf dem Parteitag hörbar mobilisierte. Sie unterstellte der Union, diese werde nötigenfalls auch mit der AfD zusammenarbeiten. Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) hat dies ausgeschlossen. Schwerdtner sagte jedoch, Merz wolle den Sozialstaat “kurz und klein schlagen”. “Und ich halte es auch nicht für ausgeschlossen, dass er es am Ende auch mit der AfD durchsetzen wird, ganz egal, was er vor der Wahl behauptet.” 

In Österreich und Frankreich und anderen europäischen Ländern arbeiteten Konservative bereits mit rechten Parteien. “Wer verlässt sich hier noch auf diese Brandmauer?” Die Linken-Chefin nannte die AfD “im Kern eine faschistische Partei”. Sie fügte hinzu: “Wer leicht abgewandelte Nazi-Parolen zu seinem Wahlkampfmotto macht, ist eine Nazipartei.” 

“Grüne haben Klimafrage verkackt”

Co-Chef van Aken knöpfte sich vor allem SPD und Grüne vor. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) rede im Wahlkampf von einer Mietpreisgrenze, habe sie aber in der Regierung nicht umgesetzt. Auch über eine Vermögenssteuer sprächen SPD und Grüne seit Jahren, doch hätten sie nie geliefert. Die Grünen hätten beim Klimaschutz das Soziale nicht mitgedacht und “deshalb diese ganze Klimafrage verkackt”. Nur mit Druck der Linken würden SPD und Grüne soziale Versprechen angehen, meinte van Aken.

Er erklärte einen Mietendeckel erneut zum zentralen Thema. “Es ist völlig egal, ob wir mit fünf oder 15 Prozent in den Bundestag gehen, völlig egal, ob wir mitregieren oder nicht, wir werden nicht aufhören, für einen Mietendeckel zu kämpfen und wenn es fünf Jahre dauert”, sagte van Aken. “Wir werden ihn durchsetzen, weil die Menschen ihn brauchen.”

Programm auf mehr als 60 Seiten

Das in Berlin debattierte Wahlprogramm enthält auf mehr als 60 Seiten einen ganzen Katalog von Einzelforderungen. Darunter ist die Streichung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel, Bus, Bahn und Hygieneartikel. Günstigere Energie für Durchschnittsverbraucher soll per “Energie-Soli für Reiche” finanziert werden.

Die Partei will sowohl eine Vermögenssteuer als auch eine Vermögensabgabe, höhere Einkommenssteuern für Gutverdiener und eine höhere Erbschaftssteuer. Rente, Kindergeld und Bürgergeld sollen verbessert, der Mindestlohn auf 15 Euro hochgesetzt werden. Die angekündigte Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland will die Linke verhindern. Die Forderung nach einem sofortigen Nato-Austritt in einem Änderungsantrag fand aber keine Mehrheit.

Osten als “Stiefkind”

Das alte Selbstverständnis als Ostpartei erwähnte vor allem der Ostberliner Gregor Gysi. Er meinte, der Osten “war das Stiefkind aller bisherigen Bundesregierungen”. Er mahnte: “Es wird Zeit, dass sich eine Bundesregierung dafür mal entschuldigt. Das gäbe einen Schub in Richtung innere Einheit.”

Gysi ist inzwischen 77 Jahre alt – aber bei dieser Wahl eine große Hoffnung seiner Partei. Gemeinsam mit den langjährigen Linken-Politikern Dietmar Bartsch und Bodo Ramelow hat er die “Mission Silberlocke” gestartet: Alle drei wollen Direktmandate gewinnen. Chancen auf Direktmandate rechnen sich auch drei weitere Linke aus, darunter Parteichefin Schwerdtner. 

Zitat einer “ostdeutschen Physikerin”

Mit drei Direktmandaten könnte die Linke über die sogenannte Grundmandatsklausel mit etlichen Abgeordneten in den Bundestag einziehen, auch wenn die Partei bei den Zweitstimmen unter fünf Prozent bliebe. Ramelow spricht von einem “Sicherheitsgurt”.

Bartsch sagte, das werde gelingen – keine Stimme für die Linke sei verschenkt. Er wolle dabei “eine ostdeutsche Physikerin” zitieren: “Wir schaffen das.” Gemeint war offenbar die frühere Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre Aussage zur Aufnahme von Flüchtlingen im Jahr 2015.

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