Über Monate hinweg hatten sich internationale Vermittler um Frieden zwischen Israel und dem Gazastreifen bemüht. Nun ist ein Durchbruch gelungen. Die Welt reagiert erleichtert.
Ein Aufatmen geht um die Welt: Mehr als 15 Monate nach dem Hamas-Massaker in Israel, das den blutigen Krieg im Gazastreifen auslöste, haben die Konfliktparteien auf einen Deal geeinigt. Waffenruhe in dem weitestgehend zerstörten Küstenstreifen gegen Dutzende israelische Geiseln – darauf haben sich Israels Regierung und die Terrororganisation Hamas mit Hilfe internationaler Vermittler, wie Katar, Ägypten und den USA, geeinigt. Auch der designierte Präsident Donald Trump soll eine Rolle gespielt haben.
Ob die ausgehandelte Waffenruhe in Nahost hält? Ungewiss.Aviva Siegel Geisel der Hamas 12.12
Freude und Erleichterung sind dennoch groß, sowohl vor Ort, als auch weltweit. Während die Menschen im Gazastreifen tanzten, palästinensische Flaggen schwangen und sich in den Armen lagen, schüttelten sich die Vermittler verbal die Hände.
Wie reagieren die Vermittler?
Der scheidende US-Präsident Joe Biden gratulierte Israels Premier Benjamin Netanjahu nach Angaben des Weißen Hauses zu dem Abkommen. Netanjahu dankte wiederum Bidens Nachfolger Donald Trump für seine Unterstützung beim Voranbringen des Deals. Der Republikaner habe Israel geholfen, “das Leiden Dutzender Geiseln und ihrer Familien zu beenden”. Netanjahu lobte demnach auch Trumps Äußerungen, dass die USA gemeinsam mit Israel sicherstellen wollten, dass der Gazastreifen niemals Zufluchtsort für Terroristen werde. Beide wollten sich “demnächst” in Washington treffen und diese wie auch weitere Fragen erörtern.
Trump selbst sprach auf seiner Plattform Truth Social von einem “epischen Deal” und bezeichnete ihn als “Ergebnis unseres historischen Sieges im November”. Das Abkommen sei “erst der Anfang von großen Dingen, die auf Amerika und die Welt zukommen werden”.FAQ Deal Israel Hamas_06.14
Auch mehrere arabische Staaten begrüßten die Einigung auf eine Waffenruhe. “Mit dieser Ankündigung endet eine blutige Seite in der Geschichte des palästinensischen Volkes, das unter der israelischen Aggression schwer gelitten hat”, erklärte Libanons geschäftsführender Ministerpräsident Nadschib Mikati. Beide Seiten müssten sich nun an die getroffenen Vereinbarungen halten, um dem Leiden der Geiseln und der palästinensischen Häftlinge ein Ende zu setzen, hieß aus dem Außenministerium der Vereinigten Arabischen Staaten.
Wie reagiert Europa?
Olaf Scholz begrüßte den Deal auf der Plattform X. Sein Lob verband der deutsche Kanzler mit der Forderung, die Einigung nun “konsequent” umzusetzen. “Der Waffenstillstand bietet die Chance für ein dauerhaftes Kriegsende und die Verbesserung der schlechten humanitären Lage im Gazastreifen.” Dafür wolle sich Deutschland weiter einsetzen.
Dem schloss sich Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock an. “Alle, die Verantwortung tragen, sollten jetzt dafür sorgen, dass diese Chance genutzt wird”, schrieb sie auf X.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einem “Wichtigen Schritt” zu einer “diplomatischen Lösung des Konfliktes”.
Das Abkommen müsse eingehalten werden, forderte auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Er pocht auf eine politische Lösung des Nahost-Konflikts. Nach 15 Monaten “eines nicht zu rechtfertigenden Martyriums” gebe es Erleichterung für die Menschen in Gaza und Hoffnung für die Geiseln und ihre Familien.
Großbritanniens Premierminister Keir Starmer sprach von einer “längst überfälligen Nachricht, auf die die israelische und palästinensische Bevölkerung verzweifelt gewartet hat”.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan teilte mit, er hoffe auf dauerhaften Frieden und Stabilität. Seine Regierung pflegt enge Beziehungen zur Hamas.
Was sagen Hilfsorganisationen?
Nach dem beschlossenen Waffenstillstand bereiten sich humanitäre Organisationen auf mehr Hilfslieferungen in den abgeriegelten Küstenstreifen vor. Ein Koordinator des UN-Nothilfeprogramms sprach von einem “Moment der Hoffnung und Chancen” für “Millionen Menschen, deren Leben durch diesen Konflikt zerstört wurde”.
Das Rote Kreuz kündigte seine Unterstützung bei der Umsetzung der Feuerpause an. “Wir sind bereit, jede Freilassungsaktion zu unterstützen, damit Geiseln und Gefangene nach Hause zurückkehren können”, erklärte die Präsidentin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Mirjana Spoljaric, am Mittwoch. Zudem könne das Rote Kreuz seine humanitäre Hilfe im Gazastreifen “massiv verstärken”. Dafür müssten alle Beteiligten sicherstellen, “dass unsere Teams ihre Arbeit sicher und effektiv ausführen können”.PAID Gaza Deal Fabian Leonie 19:16
Wird der Gaza-Deal halten?
Das Abkommen zur Feuerpause zwischen Israel und der Hamas soll am 19. Januar in Kraft treten und zunächst 42 Tage anhalten. Laut israelischen Medien sollen noch am selben Tag die ersten Geiseln nach Israel zurückkehren. Während der Waffenruhe sollen 33 der insgesamt 98 Entführten im Austausch gegen palästinensische Häftlinge freikommen – wobei ungewiss ist, wie viele Geiseln überhaupt noch am Leben sind. Krankenhäuser in Israel haben sich auf die Aufnahme zutiefst traumatisierter und teilweise auch kranker und verletzter Menschen vorbereitet.
Angesichts des tiefen Misstrauens zwischen beiden Seiten ist jedoch offen, ob sich Israel und die Hamas über Wochen an die vereinbarten Schritte halten werden. So ist fraglich, ob man sich in der zweiten Phase der Abmachung auf die Freilassung der restlichen Geiseln wird einigen können. Netanjahu sieht sich bereits mit Vorwürfen konfrontiert, er habe mit dem jetzigen Deal die vorerst weiter im Gazastreifen verbleibenden Geiseln im Stich gelassen. Beobachter warnen, dass die Kämpfe nach Ablauf der Waffenruhe wieder beginnen könnten – zumal es auf beiden Seiten Befürworter einer Fortsetzung des Krieges gibt.