Home » Exklusiv: Eklat um grünen Stahl: Habeck spricht Merz Wirtschaftskompetenz ab

Exklusiv: Eklat um grünen Stahl: Habeck spricht Merz Wirtschaftskompetenz ab

Von

Friedrich Merz glaubt nicht an “grünen Stahl”. Die Aussage des CDU-Chefs bringt die SPD in Wallung – und veranlasst auch Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck zu scharfer Kritik. 

Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck geht den CDU-Vorsitzenden für seine Aussagen zu grünem Stahl hart an. “Die Aussagen von Friedrich Merz zeugen von Unwissenheit, Kaltschnäuzigkeit und Verantwortungslosigkeit”, sagte Habeck dem stern. “Friedrich Merz mag die Wirtschaftskompetenz eines Vermögensverwalters haben, der für die Rendite wohlhabender Anleger verantwortlich ist. Die Wirtschaftskompetenz eines Kanzlers, der für ein Land verantwortlich ist, sehe ich in diesen Aussagen nicht.”

Auslöser der Empörung ist eine Aussage des CDU-Parteivorsitzenden Merz bei der Betriebsrätekonferenz des CDA, dem Arbeiterflügel der Christdemokraten, am Montag in Bochum (der stern berichtete). “Ich glaube nicht an grünen Stahl”, hatte Merz gesagt. “Wo soll der Wasserstoff denn herkommen? Und der Stahl ist anschließend immer noch teuer. Wo soll das Geld dafür herkommen?” Merz sagte zu, sich um das Thema zu kümmern. Wie, ließ er offen. Auch aus der Kanzlerpartei SPD wird Merz dafür kritisiert, “die Axt an die Stahlindustrie in Deutschland” zu legen.

Robert Habeck: “Die Zukunft des deutschen Stahls ist grün”

Wirtschaftsminister Robert Habeck schließt sich der Kritik mit deutlichen Worten an. “Wer sagt, er glaube nicht an grünen Stahl, kann den Stahlunternehmen und ihren Beschäftigten in Deutschland auch gleich sagen: Ich glaube nicht an Euch, auf Nimmerwiedersehen!”, sagte er dem stern. “Wer den Weg hin zu grünem Stahl verbaut, der verabschiedet eine ganze Industrie aus Deutschland und sorgt dafür, dass wir den Anfang hunderter Wertschöpfungsketten – von der Schraube übers Auto bis zum Windrad – ins Ausland verlagern.” Das sei das Gegenteil von vorausschauend, meint der grüne Wirtschaftsminister. “Es schwächt unsere Wirtschaft, es macht uns abhängiger vom Ausland und es entzieht tausenden Menschen und ihren Familien die Lebensgrundlage.”

Merz bei CDA 6.25

Die Sozialdemokraten hatten nach der Merz-Aussage eine Klarstellung vom nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst, ebenfalls Christdemokrat, gefordert. Wüsts schwarz-grüne Landesregierung unterstützt den Umbau der Werke von Thyssenkrupp. Dies sei ein großer Schritt auf dem Weg, “den Klimaschutz und die Industrie mit ihren attraktiven Arbeitsplätzen miteinander zu versöhnen”, sagte Wüst im Sommer 2023.

Mehr als 80.000 Beschäftigte arbeiten in Deutschland direkt für die Stahlindustrie. Allein 25.000 Beschäftigte hat die Industrie in Nordrhein-Westfalen. Zuletzt waren auch aus der Industrie selbst aber Zweifel am energieneutralen Umbau der Stahlwerke laut geworden. Die Pläne werden von der Konzernführung derzeit überprüft. 

SPD geht auf Merz los 10.05

“Dabei prüfen wir fortlaufend technologie- und ergebnisoffen, was die besten und wirtschaftlich tragfähigsten Lösungen sind”, hieß es vor einigen Wochen. Die zwei Milliarden Euro staatliche Förderung für den Umbau würden nicht reichen. Ein Stopp sei nicht ausgeschlossen.

“Die Zukunft des deutschen Stahls ist grün”, sagte Grünen-Kanzlerkandidat Habeck. “Anders sind die Klimaziele nicht einzuhalten, und anders lässt sich der Stahl nicht in Deutschland halten.” Die Industrie brauche grünen Stahl auch im internationalen Wettbewerb und wolle diesen Weg gehen. 

“Wir haben als Bundesregierung zugesagt, diesen Weg mit mehreren Milliarden Euro zu unterstützen. Darauf verlassen sich die Industrie und die Menschen.” Zwar räumte Habeck ein, dass der Weg der Transformation “kein leichter” sei und auch Geld koste. “Aber nicht zu handeln ist viel teurer”, sagte der Grüne. 

Merz schwebt offenbar ein völliger Technologiewechsel vor. “Wir wollen CCS machen”, sagte er noch in Bochum, dass heißt weiter fossiles Erdgas für die Stahlherstellung nutzen, aber das CO2 daraus abscheiden. Allerdings gibt es diese Technik in Deutschland noch nicht im Industriemaßstab, sie ist hier auch nicht in großem Maße erprobt, zumal das Klimagas anschließend irgendwo im Boden verpresst werden muss. Die Stahlarbeiter hatten ihre Zukunft an grünen Wasserstoff aus erneuerbaren Energien geknüpft. Für diesen Umbau wollte der Staat Thyssenkrupp mit 4,7 Milliarden Euro unterstützen.  

VERWANDTE BEITRÄGE