Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Hochrisikospielen im Fußball wird in den deutschen Medien unterschiedlich beurteilt – viele unterstützen es aber. Ein Überblick.
Leipziger Volkszeitung”: Klar ist, dass der Fußball auch problematisches Publikum anzieht. Klar ist aber auch, dass durch die Beteiligung an Polizeikosten keine Fangewalt unterbunden wird. Das Karlsruher Urteil hat geklärt, wer die Rechnung für potenzielle Eskalationen beim Fußball zahlen muss – nicht, wie man sie verhindert.”
“Südwest Presse”: “Der erwartbare Aufschrei hat nicht lange auf sich warten lassen. Zusätzliche Polizeikosten bei Hochrisiko-Fußballspielen dürfen in Rechnung gestellt werden. Nach dem Urteil des Verfassungsgerichts täten die Bundesländer gut daran, Bremens Beispiel einheitlich zu folgen und die Profiklubs zur Kasse zu bitten. Es ist auch Anreiz, mehr in die Präventivarbeit bei ihren Fans zu investieren, um die Gewaltbereitschaft im Umfeld und damit die Zahl der Hochrisikospiele zu senken. Das Geld im Millionen-Geschäft Fußball ist ja da.”
Lesen Sie hier den Kommentar von stern-Redakteurin Kerstin Herrnkind: “Hochrisikospiele könnten künftig teuer werden für die DFL. Gut so!”
“Kölner Stadt-Anzeiger”: Die Zuständigkeit für öffentliche Sicherheit sollte keine Frage des Geldes sein. Durch die Karlsruher Entscheidung wirkt es, als wäre das Gewaltmonopol so etwas wie das Datenvolumen beim Handy. Ist es aufgebraucht, muss extra bezahlt werden. Klar ist, dass der Fußball auch problematisches Publikum anzieht, und dass er eine Verantwortung hat, sich mit diesen Teilen der Zuschauer auseinanderzusetzen. Durch die Entscheidung gerät die DFL unter Druck. Bislang hatte sie auf ihrer Position verharrt, wonach die Gebühren-Bescheide unrechtmäßig sind. Künftig wird sie überlegen müssen, wie sie mit den Forderungen aus Bremen und möglicherweise auch anderen Bundesländern umgeht. Im Gespräch ist zum Beispiel ein Fonds, in den alle Vereine einzahlen. Die DFL war bisher kategorisch gegen diesen Vorschlag. Diese Sturheit kann sie sich nach dem Urteil aus Karlsruhe nicht mehr leisten.”
“General-Anzeiger”: Weil manche Fans meinen, ihre Unterstützung für den eigenen Klub dadurch kundzutun, indem sie sich mit den Fans des verhassten Rivalen exzessive Prügeleien liefern. Auseinandersetzungen zwischen Vereinen aus Hamburg und Bremen oder Schalke und Dortmund gibt es auch im Hallenhandball oder Feldhockey. Doch da sind für die Sicherheit der Zuschauer keine Hundertschaften von Polizei notwendig. Deshalb ist es nur billig, wenn die Fußballklubs dafür zur Kasse gebeten werden.”
“Junge Welt”: Könnten künftig nun auch Anmelder politischer Demonstrationen eine Rechnung für Polizeieinsätze bekommen? Zunächst eher nicht, denn wie der Erste Senat des BVerfG erklärte, ist die Gewinnabsicht neben der absehbaren Gewaltorientierung einer Veranstaltung das entscheidende Kriterium. Mehrkosten dürfen dann eingefordert werden, wenn ohnehin Gewinne anfallen. Sollte die Regelung Verbreitung finden, müssen sich also etwa Träger von Volksfesten Gedanken machen – oder die Organisatoren von Veranstaltungen wie der Rosa-Luxemburg-Konferenz.”
“Süddeutsche Zeitung”: “Das Bundesverfassungsgericht hat nun entschieden, dass die Bundesländer die Mehrkosten für Begegnungen mit außergewöhnlich hohem Eskalationspotenzial auf die Klubs umlegen können. Das ist richtig so und war lange überfällig. Fußball ist ein kommerzieller Betrieb. Dass die Gemeinschaft der Steuerzahler vorbehaltlos für die Sicherheits-Infrastruktur selbst hochgefährlicher Ligaspiele aufkommt, hat sich zwar eingeschliffen, ist aber dennoch nicht nachvollziehbar. Hier werden Gewinne privatisiert und Kosten sozialisiert.”
“Bild”: “Ein Urteil, das ich für Unfug halte! Fußball in Deutschland hat eine sehr hohe Bedeutung für die Bevölkerung. Nichts bringt jedes Wochenende so viele Menschen zusammen. Gerade in Zeiten wie diesen ist das wertvoller Kitt für unsere Gesellschaft. Dieses Gut zu schützen, ist Aufgabe des Staates und der Polizei. Dafür zahlt jeder Bürger Steuern – auch die Fußball-Vereine. Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (73), der Werder für Polizeieinsätze schon Rechnungen gestellt hat, sollte dankbar für die Attraktion Werder Bremen in seiner Stadt sein – stattdessen macht er sich die Taschen voll. 3 Millionen forderte er bislang schon. Man kann nur hoffen, dass sich die meisten Bundesländer den Bremern nicht anschließen und darauf verzichten, Rechnungen zu schicken.”