Ein Staatsanwalt aus Hannover soll gegen Geld eine internationale agierende Kokain-Bande mit Informationen versorgt haben. Die Staatsanwaltschaft Osnabrück beantragte jetzt eine Razzia.
Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Osnabrück haben Beamte den Sitz einer IT-Firma in Celle durchsucht. Das bestätigte eine Sprecherin des niedersächsischen Justizministeriums. Nach dpa-Informationen steht die Razzia im Zusammenhang mit dem Verfahren gegen einen Staatsanwalt, der von einer international agierenden Kokain-Bande bestochen worden sein soll. Der 39-Jährige sitzt seit Ende Oktober in Untersuchungshaft. Zu den Hintergründen der Durchsuchung machte die Ministeriumssprecherin keine Angaben – “aus ermittlungstaktischen Gründen”, wie sie sagte. Über die Razzia hatten zuerst der NDR und die “Hannoversche Allgemeine Zeitung” (“HAZ”) berichtet.
Die Computerfirma, die unter anderem IT-Schulungen anbietet, nennt auf ihrer Internetseite unter anderem den Deutschen Bundestag und die Zentrale Polizeidirektion Hannover als ihre Kunden. Nach dpa-Informationen wurde das Unternehmen lange von einem Mann geführt, der im Oktober 2023 vom Landgericht Hannover wegen bandenmäßigen Drogenhandels zu zehn Jahren Haft verurteilt wurde. Der damalige Rechtsanwalt des Verurteilten wollte sich heute aufgrund seiner Schweigepflicht nicht zu dem Fall äußern.
Die in Niedersachsen oppositionelle CDU hat in dem Fall des verhafteten Staatsanwalts viele offene Fragen. Erst Ende 2024 übernahm die Staatsanwaltschaft Osnabrück den Fall von der Staatsanwaltschaft Hannover, die lange gegen den eigenen Kollegen ermittelt hatte. Die Wohn- und Diensträume des heute 39-Jährigen waren schon Ende 2022 durchsucht worden, im Oktober 2023 wurde das Verfahren gegen ihn vorerst eingestellt und aufgrund neuer Beweismittel im Juni 2024 wieder aufgenommen.
Erhielt Kokain-Bande Infos aus Reihen der Polizei?
Zeugen in Rauschgiftverfahren hatten schon früh Hinweise auf angebliche Lecks in den niedersächsischen Behörden gegeben, es gibt auch Hinweise in entschlüsselten Chats der Drogenhändler. Demnach soll die Kokain-Bande auch Informationen aus den Reihen der Polizei erhalten haben.
Das Justizministerium machte keine Angaben dazu, ob die Räume der IT-Firma in Celle in der Vergangenheit schon einmal durchsucht worden waren. Der im Jahr 2023 verurteilte IT-Spezialist soll an der Organisation einer Lieferung von 16 Tonnen Kokain mit einem Marktwert von etwa 448 Millionen Euro aus Südamerika nach Hamburg beteiligt gewesen sein. Er wurde laut einem “Bild”-Bericht im Spätsommer 2022 im Libanon festgenommen. Mutmaßlich war er von einem Informanten in den Behörden vor einer Razzia gewarnt worden und deshalb geflohen. Im Prozess bestritt der Mann laut “HAZ” eine Flucht und sagte, er habe im Libanon Urlaub gemacht.