Es war ein Interview wie ein Verkehrsunfall: Als Marietta Slomka 2013 den SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel befragte, schaukelte sich die Situation schnell hoch – bis der Politiker den einen Satz sagte.
Aus Sicht von Politikern gibt es sicherlich einfachere Gesprächspartner als Marietta Slomka, die für ihr hartes, konsequentes Nachfragen bekannt ist. Umgekehrt galt Sigmar Gabriel zu seiner aktiven Zeit als extrem schwierig – war er doch in Interviews mitunter launisch und nur schwer einzufangen. Am 28. November 2013 trafen die beiden im “heute-Journal” aufeinander – und es dauerte nicht lange, bis es krachte.PAID Kommentar Olaf Scholz Kanzlerkandidat 14.58
Der Hintergrund des Gespräches: Gabriel hatte gerade als SPD-Vorsitzender den Koalitionsvertrag über die Bildung einer Regierung mit CDU und CSU ausgehandelt. Anstatt wie üblich im Parteivorstand oder auf einem Sonderparteitag darüber abstimmen zu lassen, stellte die SPD die Zustimmung auf eine breitere Basis und ließ sämtliche Mitglieder darüber abstimmen.
Marietta Slomka fragt nach
Slomka griff nun die Einschätzung eines Staatsrechtlers auf, der das Vorgehen der Sozialdemokraten als “verfassungsrechtlich nicht legitim” bezeichnet hatte. Gabriel kanzelte diese Einwände als “Blödsinn” ab und fragte: “Was ist daran eigentlich auszusetzen, dass man mal die Menschen, die in einer Partei Mitglied sind, fragt, ob sie die Dinge, die die Führung macht, gut finden?”
Slomka war der Meinung, dadurch hätten die SPD-Mitglieder ja mehr zu sagen als normale Wähler. Gabriel konterte mit dem Hinweis darauf, dass bei der CDU ja nur der Vorstand und damit viel weniger Menschen über die Koalition entscheiden würden. “Seien Sie mir nicht böse, Frau Slomka, aber ich kann die Argumente nicht wirklich ernst nehmen.”
Die hatte sich aber mittlerweile gründlich verrannt und fragte immer weiter, ohne ihren Irrtum zu bemerken: “Ich dachte, dass in Deutschland alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht”, fragte sie. Obwohl ihr Gabriel gerade noch einmal erklärt hatte, dass auch in den anderen Koalitionsparteien über den Vertrag abgestimmt werde – nur auf einer deutlich dünneren demokratischen Basis.homeland-merkel_17.40
Gabriel platzt der Kragen
Ein weiteres Mal erklärte Gabriel der Moderatorin, dass in der CDU ja auch nicht der Wähler, sondern der Parteivorstand über den Koalitionsvertrag entscheide. Doch da hatte er bereits die Geduld verloren. Nach fünfeinhalb Minuten platzte ihm endgültig der Kragen: “Tun Sie mir einen Gefallen, lassen Sie uns den Quatsch beenden”, herrschte er Slomka an, die immer noch weiter auf ihrem verlorenen Posten ausharrte.
Nach dem entgleisten Gespräch gab es die erwartbaren Fronten: Der Sender stellte sich hinter Marietta Slomka, viele Politiker schlugen sich auf die Seite von Sigmar Gabriel. Was bleibt ist dieses Zitat: “Lassen Sie uns den Quatsch beenden!” Ein Satz, der im deutschen Fernsehen leider viel zu selten fällt.