Grünen-Spitzenkandidat Habeck ruft zum Kampf gegen Rechtspopulismus und zu einer Regulierung der sozialen Medien auf. Hunderte Anhänger seiner Partei jubeln ihm in Lüneburg zu.
Auf einer Wahlkampfveranstaltung in Lüneburg hat Robert Habeck seine Werbung als “Bündniskanzler” wie auf dem Münchner Siegestor erklärt. Die Bündnisfähigkeit der demokratischen Parteien sei das beste Mittel gegen den Rechtspopulismus, sagte der Spitzenkandidat der Grünen vor rund 500 Anhängern.
Zugleich spiele der Begriff auf den Namen seiner Partei an, die sich nach der deutschen Einheit in Bündnis 90/Die Grünen umbenannte. “Wir brauchen nicht die Mitte des Populismus in der Mitte der Demokratie, wir brauchen Gegenmittel, Gegengift, eine andere Haltung und diese Haltung heißt Bündnisfähigkeit.” Die Polizei hatte am Dienstag eine Projektion mit einem Porträt Habecks auf das Bauwerk in München beendet. Der Grünen-Politiker sprach von einer “kleine(n) Piratenaktion”.
Kritik an Söder
Scharf kritisierte Habeck das Scheitern der Koalitionsverhandlungen zwischen Konservativen, Sozialdemokraten und Liberalen in Österreich und die Vergabe des Regierungsauftrags an die FPÖ, “die österreichische AfD”. Dass CSU-Chef Markus Söder eine Koalition mit den Grünen ausschließe, könne nur zu einem Bruch des eigenen Wortes oder zu einer Nichtregierungsfähigkeit in Deutschland führen.
Freiheit nur mit Regeln
Habeck forderte erneut eine staatliche Regulierung der sozialen Medien. X, Tiktok, Instagram und Facebook verstärkten das Problem des autoritären Populismus, weil ihr Geschäftsmodell darauf basiere, die Menschen mit aggressiven, radikalen und bösen Äußerungen auf den Plattformen zu halten. Der Besitzer von X, Elon Musk, bekenne sich dazu, Macht nicht zu regulieren. “Freiheit ohne Regeln führt am Ende zum Recht des Stärkeren”, sagte Habeck.
Großer Andrang vor Veranstaltungsort
Das Interesse an der Veranstaltung war groß, auf der Straße zum Veranstaltungsort stauten sich die Autos auf mehrere Kilometer. Hunderte wurden vor der Halle abgewiesen. Mehrere Dutzend Gegner einer Initiative gegen die Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid (CCS-Technologie) protestierte mit Plakaten und Sprechchören vor dem Eingang der Halle. Habeck hatte sich in den vergangenen Jahren von einem entschiedenen Gegner der CCS-Technologie zu einem Befürworter gewandelt.
Mit Bürgermeisterin gegen Schuldenbremse
Vor seinem Wahlkampfauftritt hatte sich Habeck mit der Bürgermeisterin von Lüneburg, Claudia Kalisch, im Rathaus getroffen und sich ins Goldene Buch der Stadt eingetragen. Die beiden Grünen-Politiker waren sich einig, dass die Schuldenbremse im Grundgesetz abgeschafft werden muss, um Kitas, Schulen und Museen zu sanieren und die Kommunen zu entlasten. Bei beiden Auftritten sagte Habeck, dass er sich gern an die Zeit zwischen 1996 und 1999 erinnere, als er mit seiner jungen Familie in Lüneburg wohnte. Im Stadtparlament stellen die Grünen mit 15 von 45 Sitzen die größte Fraktion.