Ein Siegesdrama, für das der Regisseur sieben Jahre brauchte, zwei fulminante Comebacks und viele Reden, die zur Hoffnung in schweren Zeiten mahnten: Die Golden Globes riefen auf, niemals aufzugeben.
Die Golden Globes haben wie selten zuvor die Bandbreite menschlicher Biografien gewürdigt. Zu den großen Siegern zählten Filme über Auswanderer, Trans-Personen und eine TV-Produktion über die japanische Samurai-Kultur. Auch das internationale Kino stand im Rampenlicht, deutsche Hoffnungen auf Trophäen wurden aber enttäuscht.
“Emilia Pérez” und “The Brutalist” als Gewinner
In der Königskategorie bestes Drama hat “The Brutalist” von US-Regisseur Brady Corbet gewonnen. Das dreieinhalbstündige fiktionale Historienepos setzte sich gegen “A Complete Unknown”, “Dune: Part Two”, “Nickel Boys”, “Konklave” von Edward Berger und “September 5” des Schweizer Regisseurs Tim Fehlbaum durch.
“The Brutalist” ist die Geschichte eines jüdischen Architekten aus Ungarn, der nach dem Zweiten Weltkrieg in den USA ein neues Leben beginnen will. Hauptdarsteller Adrien Brody setzt sich über 20 Jahre nach seinem Oscar-Gewinn für “Der Pianist” in “The Brutalist” wieder mit den Folgen des Holocaust auseinander. So berührend, dass Brody auch den Golden Globe als bester Drama-Darsteller holte. Zudem gewann Corbet die Regie-Trophäe. Sieben Jahre habe er für den Film gebraucht und sich über viele Widerstände hinwegsetzen müssen, sagte der Regisseur.
Die Musikkomödie “Emilia Pérez” des französischen Starregisseurs Jacques Audiard war mit zehn Nominierungen ins Trophäenrennen gezogen. Der spanischsprachige Film über einen mexikanischen Kartellboss, der sein Geschlecht zur Frau angleichen lässt, räumte vier Globes ab: als beste Komödie, bester nicht-englischsprachiger Film, für die singende Nebendarstellerin Zoe Saldaña und den Song “El Mal”. Mit Musiknummern, Action und Emotionen setzt der Film Themen wie Drogenkrieg, Geschlechterangleichung und Identität in Szene.
Deutsche Hoffnungen wurden enttäuscht
Der Vatikan-Thriller “Konklave” von Edward Berger hatte sechs Gewinnchancen, darunter als Top-Drama und für Regie, doch am Ende gab es nur einen “Trostpreis” für das Drehbuch des britischen Autors Peter Straughan. Der in Wolfsburg geborene Filmemacher und Oscar-Preisträger Berger (“Im Westen nichts Neues”) hatte aus dem Stoff einen packenden Film über Intrigen und Machtkämpfe bei der Kür eines neuen Papstes inszeniert.
Auch die deutschen Filmkomponisten Hans Zimmer (“Dune: Part Two”) und Volker Bertelmann (“Konklave”) gingen leer aus – den Globe für den besten Soundtrack holten Trent Reznor und Atticus Ross für “Challengers”.
Kein Globe für “Die Saat des heiligen Feigenbaums”
Die deutsche Koproduktion “Die Saat des heiligen Feigenbaums” von Regisseur Mohammad Rasoulof unterlag in der Sparte “Bester nicht-englischsprachiger Film” der französischen Produktion “Emilia Pérez”. Der nach Deutschland geflohene Iraner Rasoulof hatte den Politthriller in seiner Heimat heimlich gedreht. Deutschland hat “Die Saat des heiligen Feigenbaums” auch für die 97. Oscar-Verleihung im März eingereicht.
“Shogun” und “Hacks” räumen bei den Serien ab
Bei den Serien- und TV-Kategorien lagen das opulente Historiendrama “Shogun” und die smarte Showbiz-Comedy “Hacks” vorn. Die Literaturverfilmung “Shogun” wurde von der Auslandspresse zur besten Dramaserie des Jahres erklärt. Hiroyuki Sanada und Anna Sawai gewannen auch den Golden Globe als beste Drama-Hauptdarsteller. “Hacks” über eine alternde Stand-up-Komikerin in Las Vegas gewann den Golden Globe als beste Comedy- oder Musicalserie. Es war nach 2022 die zweite solche Auszeichnung für die Serie. Jean Smart siegte wie schon 2022 als beste Hauptdarstellerin einer Comedy. Bester Hauptdarsteller einer Comedyserie wurde Jeremy Allen White als Koch Carmy in “The Bear”. Bei den Miniserien lag der Stalker-Thriller “Baby Reindeer” vorne. Jessica Gunning siegte auch als beste TV-Nebendarstellerin.
Viele Reden übers Durchhalten
Ausdrücklich politisch waren nur wenige Reden, aber manche Stars deuteten an, dass es “in diesen Zeiten” Unterhaltung, Hoffnung und Erzählungen über jene brauche, die sonst im Schatten stehen. Die US-Komikerin Nikki Glaser, erstmals Moderatorin der Golden Globes, witzelte zum Auftakt mit Blick auf den Wahlsieg des designierten US-Präsidenten Donald Trump und die vielen Stars im Saal: “Ich bin nicht hier, um mich über euch lustig zu machen und wie könnte ich auch? Ihr seid alle so berühmt, so talentiert, so mächtig. Ihr könntet wirklich alles tun – außer dem Land zu sagen, wen sie wählen sollen.”
Emotionale Worte
Der beste Hauptdarsteller in einem Dramafilm, Adrien Brody, steht auch dafür, dass es ein Abend der emotionalen Comebacks war. Ihm war tiefe Freude und Rührung anzumerken, dass er mehr als zwei Jahrzehnte nach seinem Oscar-Gewinn für “Der Pianist” nun noch einmal eine solche Anerkennung der Branche erfährt.
Demi Moore, die für “The Substance” als beste Hauptdarstellerin in einer Komödie ausgezeichnet wurde, erzählte gar, dass sie vor dem Lesen des Drehbuchs kurz davor gewesen sei, die Schauspielerei aufzugeben. Zu oft habe sie sich nicht ernst genommen gefühlt, sagte sie. Ein Produzent habe sie vor Jahren als “Popcorn-Schauspielerin” abgeschrieben. Jetzt hielt die 62-Jährige stolz ihren ersten Golden Globe in der Hand.
Sichtlich überrascht war auch Fernanda Torres über ihren Globe als beste Drama-Darstellerin, der erste Sieg überhaupt für eine Brasilianerin in dieser Sparte. Die 59-jährige Schauspielerin überzeugte mit ihrer Rolle in “I’m Still Here” von Regisseur Walter Salles. Der Film erzählt von einer Familie, die die grausamen Auswirkungen der brasilianischen Militärdiktatur in den 1970er Jahren miterlebte. Torres , die sich gegen Hollywoodstars wie Angelina Jolie (“Maria”) oder Nicole Kidman (“Babygirl”) durchsetzte, widmete den Preis ihrer 95 Jahre alten Mutter Fernanda Montenegro. Sie war 1999 als erste brasilianische Schauspielerin für den Film “Central Station” im Globe-Rennen.
Die vielleicht bewegendsten Worte des Durchhaltens fand die spanische Trans-Schauspielerin Karla Sofía Gascón, die in “Emilia Perez” die Hauptrolle spielt. “Das Licht siegt immer über die Dunkelheit”, setzte sie in der letzten Dankesrede des Abends an. “Ihr könnt uns ins Gefängnis stecken. Ihr könnt uns zusammenschlagen, aber ihr könnt uns nie unsere Seelen wegnehmen, unsere Widerstandskraft, unsere Identität”, sagte sie weiter. “Ich habe gewonnen. Ich bin, wer ich bin, nicht wen ihr wollt.”