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Notfälle: Millionenschäden nach Unwetter im Kreis Kassel

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Anfang August wüteten schwere Unwetter über Teilen des Landkreises Kassel. In den betroffenen Kommunen entstanden dabei mehrere Millionen Euro Schaden.

Unterspülte Straßen, vollgelaufene Häuser, gestapelte Autos: Die Bilder, die sich nach dem schweren Unwetter über dem nördlichen Landkreis Kassel im Sommer boten, sind in Erinnerung geblieben. Der Schaden, den der extreme Starkregen in der Nacht zum 2. August verursacht hat, beläuft sich nach vorläufigen Schätzungen von vier der fünf besonders betroffenen Kommunen auf bislang etwa sieben Millionen Euro.

Besonders hart getroffen hatte es den Trendelburger Ortsteil Gottsbüren. Alleine dort summiert sich der kommunale Schaden nach Angaben von Bürgermeister Manuel Zeich (parteilos) auf 4 bis 4,5 Millionen Euro. Darin seien die Kosten für die Abfallentsorgung noch nicht enthalten. “Wir haben 4.154 Tonnen Erde und Asphalt und 493 Tonnen Sperrmüll abtransportieren müssen”, sagte Zeich. Den Schaden, der der Bevölkerung entstanden sei, könne er nicht beziffern. Bis die Schäden in dem kleinen Ort vollständig behoben seien, werde es noch ein bis zwei Jahre dauern, schätzt Zeich.

Bei allem Unglück hätten die Ereignisse aber auch den Zusammenhalt im Ort gestärkt, betonte er. “Wir haben große Solidarität und Hilfsbereitschaft erfahren, die immer noch anhalten.” Es gingen nach wie vor Spenden ein. Insgesamt seien so schon mehr als 230.000 Euro zusammengekommen. “Ein ganz dickes Dankeschön geht an alle Unterstützer und Helfer.”

Hochwasserschutz durch Agroforstsysteme 

Und wie kann sich der Ort vor künftigen Unwetterereignissen schützen? “Wir haben kleine Stellschrauben, an denen wir auch schon zu drehen angefangen haben”, erklärte Zeich. So habe die Gemeinde etwa Verträge mit Landwirten geschlossen, die zugesagt hätten einen 20 bis 25 Meter breiten Streifen nicht mehr zu bewirtschaften. 

Zudem wolle man gemeinsam mit der Universität Kassel sogenannte Agroforstsysteme, also Gehölzstreifen auf Acker- oder Grünlandflächen, etablieren. “Wir versprechen uns dadurch bei Starkregen eine Reduzierung der Fließgeschwindigkeit des Regenwassers”, so Zeich. “Aber wenn es morgen wieder so stark regnet, werden wir diese Wassermassen nicht zurückhalten können.”

Finanzielle Mittel begrenzt

Sicher könnten Dinge verbessert werden, sagte der Bürgermeister von Reinhardshagen, Fred Dettmar (Unabhängige Wählergemeinschaft). Ein Wasserbauingenieur solle dabei helfen. “Aber zwei solche Ereignisse, wie Anfang und Ende August, kann man nicht definitiv verteidigen. So etwas würde ein Großbauprojekt mit diversen Eingriffen in die Natur und obendrein auch gar nicht zu bezahlen sein.” Die Gemeinde hatte am 29. August ein weiteres Unwetter getroffen. 

Den Schaden der Kommune schätzt Dettmar auf rund 1,5 Millionen Euro. “Bei den Privaten kann ich nach Rückfragen bei Versicherungen nur grob auf rund 2 Millionen Euro schätzen.” Eine endgültige Bestandsaufnahme werde voraussichtlich noch bis Mitte 2025 dauern. 

Problembewusstsein schaffen

Der Hessische Städte- und Gemeindebund (HSGB) sieht die Kommunen beim Unwetterschutz als zentralen Motor vor Ort. “Es ist wichtig, ein Problembewusstsein zu schaffen”, sagte Johannes Heger, Geschäftsführer und Sprecher des HSGB. Viele Kommunen hätten mit Förderung des Landes Starkregen-Gefahrenkarten erstellen lassen. Zudem gebe es die Starkregen-Hinweiskarten für Hessen des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG). Andere Kommunen hätten Regenrückhaltebecken gebaut oder Fluttore eingerichtet.

Allerdings sei es nicht selten eine mühsame Angelegenheit für eine Kommune, ein Gesamtkonzept zu erstellen und umzusetzen – auch weil es oft die Kooperation mit Eigentümern von nicht gemeindeeigenen Flächen erfordere.Zudem koste der Schutz vor Extremwetterereignissen Geld, das angesichts der vielen Aufgaben von Städten und Gemeinden fehle. Auch scheitere es oftmals an mangelndem Personal und fehlender Fachexpertise – gerade in kleinen Kommunen. “Da wäre es hilfreich, wenn das Land Expertise und konkrete Konzepte zur Verfügung stellen könnte”, so Heger.

Land leistet Nothilfe

Nach dem Unwetter im Kreis Kassel leistete das Land Nothilfe. Laut dem Innenministerium wurden bis zuletzt Schäden in Höhe von 810.000 Euro geltend gemacht. Finanzhilfen im Umfang von über 280.000 Euro wurden Mitte Dezember an Geschädigte ausgeschüttet – 57.000 Euro davon hat der Kreis Kassel übernommen.

Um Hessens Kommunen beim Umgang mit Unwettergefahren zu unterstützen, wurde ihnen dem Ministerium zufolge 2021 ein Leitfaden zur Vorsorge und Bewältigung von Hochwasser und Starkregenereignissen zur Verfügung gestellt. Auf dessen Grundlage hätten hessenweit vier Informationsveranstaltungen für die Bürgermeister und Landräte sowie die jeweiligen fachlichen Verantwortungsträger im Bereich des Katastrophenschutzes auf kommunaler Ebene stattgefunden. 

Dabei sei unter anderem aufgezeigt worden, über welche Fähigkeiten der Katastrophenschutz vor Ort und überörtlich verfügt, wie die Bevölkerung gewarnt werden kann und welche präventiven Maßnahmen im Hinblick auf Hochwasser- und Starkregenereignissen möglich sind.

Stärkung des Katastrophenschutzes

Zudem habe das Innenministerium Rahmenempfehlungen für die Aufstellung, Aus- und Fortbildung von Verwaltungsstäben in kreisangehörigen Gemeinden sowie in den unteren und oberen Katastrophenschutzbehörden erstellt. Seit Herbst 2023 und noch bis Anfang 2026 stelle das Land außerdem ein umfangreiches Schulungsangebot für die Verwaltungs- und Katastrophenschutzstäbe aller 26 unteren Katastrophenschutzbehörden in den Landkreisen und kreisfreien Städten zur Verfügung. 

Laut dem Ministerium hat das Land vor dem Hintergrund des fortschreitenden Klimawandels überdies in den letzten Jahren schwerpunktmäßig Einsatzmittel zur Bekämpfung von Waldbränden und zur Bekämpfung von Starkregen- und Hochwasserereignissen beschafft. Für 2025 kündigte es die Beschaffung weiterer Sondereinsatzmittel für den Katastrophenschutz an.

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