Wie geht es im Fall Marius Borg Høiby weiter? Der norwegische Historiker Trond Norén Isaksen über das Verhalten der Königsfamilie und mögliche Fragen an Kronprinzessin Mette-Marit.
Die Vorwürfe gegen Marius Borg Høiby reißen nicht ab: Der Sohn von Kronprinzessin Mette-Marit wurde erneut festgenommen, anschließend musste er eine Woche in Untersuchungshaft. Die Osloer Polizei warf ihm zwei weitere Sexualdelikte vor, in beiden Fällen ginge es um sexuellen Umgang mit Frauen, die nicht in der Lage gewesen sein sollen, sich zu wehren. Das Königshaus schweigt weiter zu den Vorwürfen. Warum? Fragen wir Trond Norén Isaksen, Historiker und Autor von sieben Büchern über die norwegische Monarchie.
Herr Norén Isaksen, Marius Borg Høiby wurde am Mittwoch aus der Untersuchungshaft entlassen. Wie geht es nun für ihn weiter?
Nun, die Ermittlungen gegen ihn werden natürlich weitergehen, voraussichtlich bis ins neue Jahr hinein. Da er einige der Vorwürfe zugegeben hat – auch wenn er die meisten bestreitet –, ist es wahrscheinlich, dass es zu einem Prozess kommen wird.
Er wirkt wie ein wandelndes Pulverfass: Seine letzte Verhaftung war die dritte in vier Monaten. Warum hat ihn seine Familie nicht in eine Klinik gebracht, nachdem die Vorwürfe gegen ihn im August öffentlich wurden?
Das fragen wir uns alle. Ich kann es Ihnen nicht sagen.
Trond Norén Isaksen ist Historiker, Autor von sieben Büchern über die Geschichte der norwegischen Monarchie, regelmäßiger Autor für norwegische, britische und niederländische Publikationen sowie Kommentator und Dozent.
© Michelle Sandmæl/Bonnier Norsk Forlag
Was hat die königliche Familie bislang unternommen, um die Lage in den Griff zu bekommen?
Die Mitglieder der Familie traten geschlossen auf, blieben aber eher passiv. Sie müssen die Ermittlungen weiterlaufen lassen, denn wenn sie etwas Konkretes sagen, könnten sie dem Vorwurf ausgesetzt sein, versucht zu haben, die Ermittlungen zu beeinflussen. Wenn sie jedoch nichts sagen, könnte ihnen vorgeworfen werden, dass sie still und passiv bleiben. Und wenn sie versuchen, etwas allgemein zu sagen, ohne auf den konkreten Fall einzugehen, könnte ihnen vorgeworfen werden, dass sie den Fall nicht ansprechen oder versuchen, den Fokus zu verschieben.
Es ist vertrackt.
Sie sind in einer schwierigen Situation, in der sie verdammt werden, wenn sie etwas tun, und verdammt werden, wenn sie nichts tun.
Der Fall Marius Borg Høiby ist ein Riesenthema für die Boulevard-Presse: “Se og Hør” zum Beispiel bringt immer wieder neue Videos heraus, die Marius in Situationen zeigen, in denen er Verachtung für Frauen zeigt. Von Reue ist bei ihm bisher nichts zu sehen. Warum nicht?
Ich kenne Marius Borg Høiby nicht persönlich, diese Frage kann ich Ihnen nicht beantworten.
Was denken die Norweger nach einer so langen Zeit des Skandals über ihr Königshaus: Sinken die Beliebtheitswerte?
Die Unterstützung für die Monarchie ist dramatisch zurückgegangen, von 81 Prozent im Jahr 2017 auf 78 Prozent im Jahr 2022 und auf 62 Prozent im September dieses Jahres. Gleichzeitig erfreuen sich die wichtigsten Royals nach wie vor großer Beliebtheit. Als der öffentlich-rechtliche Sender NRK kürzlich eine Umfrage durchführte, bei der die Menschen gebeten wurden, den Royals Noten von eins bis zehn zu geben, erhielt der König 9,3, die Königin 9, der Kronprinz 8,8, die Kronprinzessin 7,4 und Prinzessin Ingrid Alexandra 8,5. Prinzessin Märtha Louise hingegen erreichte die Note 3,1.
War da die Welt noch in Ordnung? Marius Borg Høiby 2019 mit seiner Mutter Mette-Marit, seinem Stiefvater Haakon und seinen Halbgeschwistern Ingrid Alexandra (vorn) und Sverre Magnus (l.)
© Lise Aaserud
Ihr Ruf hat arg gelitten, seit sie mit dem Schamanen Durek Verrett zusammen ist. Wie geht denn Kronprinzessin Mette-Marit mit der Situation ihres Sohnes um?
Wir wissen natürlich, dass sie an Lungenfibrose leidet, einer schweren und unheilbaren Krankheit, die ihre Kräfte stark einschränkt; sie musste in diesem Herbst mehrmals ihre öffentlichen Auftritte absagen, wegen der Nebenwirkungen der Behandlung, die sie erhält. Natürlich kann sich jeder vorstellen, dass ein Sohn, der sich in so großen Schwierigkeiten befindet, für jede Mutter einen großen Tribut bedeuten würde.
Im August sagten Sie, dass die Norweger sehr mit Mette-Marit fühlen würden. Hat sich das geändert: Werfen sie ihr vor, zu wenig zu tun? Auch zum Schutz der Frauen.
Niemand weiß wirklich, was sie getan oder nicht getan hat. Zwei Ex-Freundinnen von Marius Borg Høiby haben erklärt, dass sie seine Mutter und seinen Stiefvater über sein Verhalten informiert hätten, aber wir wissen nicht, wie sie darauf reagiert haben. Was einige Fragen aufwirft, ist, dass die Kronprinzessin bei der ersten Verhaftung ihres Sohnes Anfang August im Voraus über die Verhaftung informiert wurde und ihm ihrerseits mitteilte, dass er verhaftet werden würde, was ungewöhnlich ist. Es gab auch unbestätigte Berichte, dass sie vor seiner Festnahme sein Haus aufgeräumt habe, was zu Fragen geführt habe. Einer der Anwälte der Ex-Freundinnen forderte eine Befragung der Kronprinzessin durch die Polizei.