Der Einbruch in das Grüne Gewölbe jährt sich zum fünften Mal. Doch es gibt noch andere aufsehenerregende Fälle. Eine Liste der spektakulärsten Einbrüche in Deutschland.
Sie kamen und stahlen Schmuck und Kulturschätze für rund 113 Millionen Euro. Der Einbruch in das Grüne Gewölbe 2019 gilt als vielleicht der spektakulärste Einbruchsfall der jüngeren deutschen Geschichte. Doch nicht nur in Dresden waren wahre Profis am Werk. In anderen Fällen wurden Tunnel gebohrt, Stromleitungen durchtrennt und Schließfächer verklebt. Und nicht selten fehlt von der Beute bis heute jede Spur.
Der Einbruch in das Grüne Gewölbe
Mehr als 100 Millionen Euro Schaden, ein umstrittener Deal und noch heute verschwundene Kunstwerke: Der Einbruch in das Grüne Gewölbe – dem bedeutenden Kunst- und Schatzkunstmuseum in Dresden – vor fünf Jahren sorgt bis heute für Schlagzeilen. 2023 wurden fünf junge Männer, alle aus dem Berliner Clanmilieu, zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.
Ein großer Teil des geraubten Schmucks aus dem Grünen Gewölbe ist mittlerweile wieder da. Hier wird er ausgestellt
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Sie stiegen in den frühen Morgenstunden in das Gebäude ein, zertrümmerten mit einer Axt Vitrinen im Juwelenzimmer und stahlen diamantenbesetzte Schmuckstücke im Wert von rund 113 Millionen Euro. Bereits Tage zuvor hatten sie ein Fenstergitter des Gebäudes durchtrennt, aber wieder mit Klebematerial eingesetzt, um am Tattag schnell in das Grüne Gewölbe einsteigen zu können. Kurz vor dem Einstieg zündeten sie einen Stromkasten vor dem Gebäude an, um die Laternen auszuschalten. Im Gebäude selbst liefen sie mit Taschenlampen zielgerichtet zum Juwelenzimmer und versprühten anschließend den Inhalt eines Feuerlöschers, um Spuren zu beseitigen. Zwei Sicherheitsleute beobachteten die Tat, konnten aber aufgrund des Sicherheitsprotokolls nicht selbst einschreiten, sondern lediglich die Polizei rufen. Als die eintraf, waren die Männer schon wieder verschwunden. Ihr Fluchtauto setzten sie in einer Tiefgarage in Brand.
19: Einbruch ins Grüne Gewölbe Polizei mit Aufklärung zufrieden – d2cf74a7da9864f9
Drei Jahre später nahm die Polizei die Männer fest. Die Anwälte der Täter machten mit der Justiz einen Deal, der die Rückgabe der gestohlenen Schmuckstücke und umfassende Geständnisse beinhaltete und Haftstrafen von maximal fünf bis sechsdreiviertel Jahren vorsieht. Doch nicht alle Schmuckstücke sind bis heute wieder aufgetaucht, und nicht wenige der zurückgegebenen Schätze sind zerkratzt, angerostet und zerbrochen.
Aus dem Parkhaus in den Tresorraum – der Tunneleinbruch von Berlin
Ein Tunnel unter Berlin, 120 Tonnen Sand, rund 300 aufgeknackte Schließfächer und 10 Millionen Euro Beute. Das, was die bis heute nicht gefassten Einbrecher im Jahr 2013 veranstalteten, ist einer der spektakulärsten Bankraube, die es weltweit je gegeben hat.
Die Einbrecher gruben einen Tunnel in den Tresorraum der Bank hinein. Dabei mussten sie 120 Tonnen Sand wegschaffen
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Über ein Jahr hinweg gruben sie aus einem Parkhaus heraus mit einem Kernbohrer unter der vierspurigen Schloßstraße einen 45 Meter langen Tunnel, der geradewegs in den Tresorraum der örtlichen Volksbank führte. Hierfür mussten sie unbemerkt 120 Tonnen Sand beiseiteschaffen und sich präzise zu dem Raum vorbohren. Als sie in den Tresorraum einstiegen, wurde zwar der Alarm ausgelöst, aber der Sicherheitsmann blieb vor der Tür stehen und ging davon aus, dass es sich um einen Fehlalarm handelte. Währenddessen knackten die Täter im Inneren Hunderte Schließfächer und entwendeten so Geld und Gegenstände im Wert von rund 10 Millionen Euro. Anschließend legten sie ein Feuer. Bis heute sind die Bankräuber flüchtig und den Ermittlern bleiben nur wenige Anhaltspunkte für ihre Untersuchungen.
Der Keltenschatz von Manching
Im November 2022 fiel plötzlich das Telefonnetz von Manching aus. Zuvor waren mehrere Männer in ein Verteilerhaus eingestiegen und hatten die dort verlegten Glasfaserkabel durchtrennt. Dann ging alles ganz schnell. Die Männer machten sich auf den Weg in das nahe gelegene Kelten- und Römermuseum, dessen Alarmsystem durch die Kabelkappung ausgeschaltet wurde. Sie packten ihr Brecheisen aus, hebelten die Seitentür des Gebäudes auf und gingen schnurstracks zur Vitrine mit dem Goldschatz. Sie erbeuteten fast 500 historische keltische Goldmünzen aus dem Jahr 100 vor Christus. Wert: Mehrere Millionen Euro.
Die gestohlenen Münzen in Manching wurden 1999 ausgegraben und gelten als der größte Fund des Jahrhunderts
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Die Münzen waren 1999 ausgegraben worden und gelten als der größte keltische Goldfund des vergangenen Jahrhunderts. Vermutlich sind die Münzen jedoch verloren. Nachdem Ermittler vier Männer im Zusammenhang mit der Tat festnahmen, fanden sie 500 Gramm der insgesamt 3,7 Kilogramm fassenden Goldbeute eingeschmolzen zu Klumpen. Vom Rest der Beute fehlt noch jede Spur, es gilt als wahrscheinlich, dass auch diese Münzen eingeschmolzen wurden. Bald soll das Gerichtsverfahren beginnen.
Das Verschwinden der Riesenmünze aus dem Bode-Museum
Noch spektakulärer als der Goldmünzen-Schatz der Kelten ist eine andere Münze, die bis heute verschwunden ist, obwohl die Täter überführt wurden. Die 100 Kilo schwere und 3,75 Millionen Euro wertvolle Goldmünze mit dem klangvollen Namen “Big Maple Leaf”.
Da war sie noch da: Die reifengroße “Big Maple Leaf” wurde aus dem Bode-Museum in Berlin gestohlen. Sie ist noch immer verschwunden und wurde vermutlich eingeschmolzen
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In der Nacht des 27. März 2017 begaben sich drei Männer mit einer Schubkarre und einem Rollbrett bewaffnet in die Gegend des Berliner Bode-Museums. Um drei Uhr betraten sie den Bahnsteig der S-Bahn-Station Hackescher Markt, sprangen ins Gleisbett und liefen ein kurzes Stück bis zu dem Punkt, wo die Gleise am Bode-Museum vorbeiführen. Von einem Mauervorsprung aus gelangten sie durch ein schlecht gesichertes Fenster in das Gebäude und landeten im Umkleideraum der Wächter. Im Bode-Museum legten sie rund 150 Meter zurück, ehe sie im Münzkabinett ankamen, wo die autoreifengroße Münze in einer Vitrine hinter Panzerglas lagerte. Fünf Exemplare gab es von ihr weltweit, alle 2007 geprägt. Diese hier hatte ein Privatbesitzer dem Museum geliehen. Mit einer Axt schlugen die Männer auf die Vitrine ein, packten die Münze auf ein Rollbrett und schoben sie zurück zum Fenster, durch das sie eingestiegen waren. An den Gleisen verfrachteten sie ihr Raubgut in eine Schubkarre. Seitdem ist die Münze spurlos verschwunden. Vermutlich wurde sie eingeschmolzen.
Riesen-Goldmünze in Berlin geklaut 16.30
Dreieinhalb Monate später nahmen Polizisten die Männer zwischen 18 und 20 Jahren fest – sie gehören zu einer Berliner Clanfamilie. Im anschließenden Prozess erhielten sie Jugendstrafen von viereinhalb Jahren.
Das Millionen-Bargeld vom Zollamt Emmerich
Das Geld liegt zwar nicht auf der Straße, aber immerhin im Tresor. Zum Beispiel beim Zollamt Emmerich, dem 6,4 Millionen Euro abhandenkamen. In der Nacht auf den 1. November 2020 hebelten drei Männer die Kellertür auf der Rückseite des Gebäudes auf und packten anschließend einen Kernbohrer aus. Mit dem bohrten sie ein Loch in die Wand zum Tresor und bedienten sich großzügig an dem eingelagerten Bargeld.
Beim Zollamt in Emmerich lagerten schlecht gesichert Millionen Euro an Bargeld. Die Täter sind mittlerweile festgenommen worden
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Die Täter hatten einen Tipp von einem Zollbeamten bekommen, der für die Begutachtung von Räumen zur Aufbewahrung von Wertgegenständen zuständig war. Er stellte den Einbrechern netterweise die Pläne vom Tresor zur Verfügung und bekam im Gegenzug einen großzügigen Teil der Beute versprochen. Am Tatort beseitigten die Einbrecher ihre Spuren mit einer Chlorlösung und verteilten anschließend mit einer Zigarette und Haaren von Unbeteiligten DNA-Spuren. Danach ging es mit der Beute nach Polen. Rund eineinhalb Jahre später wurden insgesamt sieben Personen festgenommen, die an der Tat beteiligt gewesen sein sollen.
Wie die Ermittler den Tätern auf die Spur kamen? Der Zollmitarbeiter fühlte sich von den anderen bei der Aufteilung der Beute geprellt und vertraute sich anderen damit an. Die Information gelangte auch zu den polnischen Ermittlungsbehörden, die sie für sich zu nutzen wussten.
Die Schließfächer der verschwundenen Russin
Es ist vermutlich der kurioseste Fall auf der Liste der spektakulären Einbrüche. Nicht, weil die Schadenssumme gering wäre, immerhin sollen 4,6 Millionen Euro gestohlen worden sein. Doch der dazugehörige Gerichtsprozess war spektakulär erfolglos – zumindest für die Staatsanwaltschaft.
Beim Prozess um die geknackten Schließfächer in einer Commerzbank in München wurde der Tresorraum nachgebaut. Alle Angeklagten wurden schließlich freigesprochen
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In den Monaten zwischen Ende 2017 und Anfang 2018 waren in einer Commerzbank in München immer wieder Schließfächer einer reichen Russin aufgebrochen und mit Heißkleber wieder verschlossen worden. Dabei erbeuteten die Täter 4,6 Millionen Euro, zumindest ist das die Zahl, mit der die Ermittler arbeiteten. Genaue Auskunft hätte die Russin geben können, doch die erschien nie zum Gerichtsverfahren.
Unter Verdacht standen zunächst sieben Personen, darunter eine langjährige Bankangestellte, die die Gruppe mit Insiderinformationen versorgt haben soll. Ihr Sohn soll den Einbruch geplant haben und mit einem anderen Mann an drei verschiedenen Tagen die Schließfächer bei Besuchen in der Bank aufgebrochen haben. Eine Bankkundin berichtete damals vor Gericht, dass dunkel gekleidete, vermummte Männer ihr mit einem Trolley entgegengekommen seien. Von den Bankmitarbeitern hätte jedoch niemand reagiert.
Ebenfalls kurios: In der Zeit, in der die Einbrüche offenbar stattfanden, löste 3089 Mal der Alarm aus. Weil es aber immer wieder zu Fehlalarmen in der Bankfiliale kam – auch weil in einem Restaurant direkt nebenan hin und wieder ausgiebig gefeiert wurde – nahm dies offenbar niemand ernst. Einem neuen Bankmitarbeiter fiel schließlich Monate später auf, dass die Schließfächer verklebt wurden. Doch vor Gericht wurden alle Verdächtigen freigesprochen.
Die Brüder Sass – Pioniere der Einbrecher
Ein kleiner Exkurs in die Weimarer Republik soll an dieser Stelle noch erlaubt sein. Immerhin geht es bei den Sass-Brüdern um echte Pioniere des Einbruchs. Es war der 27. Januar 1929, als ihnen ein echter Coup gelang. Der Tresorraum der Disconto-Gesellschaft am Berliner Wittenbergplatz galt bis dato als der sicherste Ort Deutschlands, um seine Wertsachen einzulagern. Doch die beiden Brüder ließen sich davon nicht beirren, gruben vom Nachbarhaus aus einen drei Meter langen Tunnel und erreichten so den Luftschacht des Tresorraums. Von dort war es dann ein Leichtes, in den Raum der Begierde zu gelangen. Den Schließfächern rückten sie mit einem Schneidbrenner zu Leibe – sie waren die ersten Panzerknacker, die ein solches Tool nutzen, und setzten damit einen neuen Standard für darauffolgende Einbrechergenerationen.
Die Gebürder Sass bei einem Gerichtsprozess, aufgenommen im Jahr 1932. Sie gelten als Pioniere der Bankeinbrüche und wurden im KZ Sachsenhausen erschossen
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169 der 171 Bankschließfächer knackten die Brüder auf, raubten Bargeld und Schmuck von mindestens zwei Millionen Reichsmark und hauten sich zur Feier des Tages noch an Ort und Stelle zwei Flaschen Wein in den Kopf. Dann verriegelten sie mit aufgebrochenen Schließfachtüren den Eingang und machen sich auf und davon. Erst drei Tage später wurde der Diebstahl bemerkt. Denn die Bankmitarbeiter mussten erst einmal Bauarbeiter rufen, die ein Loch in die Tür bohrten, weil die Tresortür einfach nicht mehr aufzukriegen war.
Der Tresorraum der Disconto-Gesellschaft galt als der sicherste Deutschlands – bis die Gebrüder Sass ihn ausplünderten
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Die Polizei nahm die Sass-Brüder kurz darauf fest. Es galt in Berlin als offenes Geheimnis, dass die Anfang 20-jährigen Geschwister umtriebige Einbrecher waren. Doch die Polizei konnte ihnen die Tat zunächst nicht nachweisen. Anschließend gaben die Brüder eine Pressekonferenz in einem noblen Restaurant und beteuerten ihre Unschuld. Die Zeitungen und die Menschen liebten sie. Erst bei Taten in Dänemark, wohin sie angesichts der Machtergreifung der Nationalsozialisten geflohen waren, wurden sie 1934 geschnappt und inhaftiert. Als die Dänen sie vier Jahre später der Gestapo überstellten, kamen die Brüder ins KZ Sachsenhausen und wurden dort erschossen. Die Beute aus dem Disconto-Einbruch ist bis heute nicht aufgetaucht.