Mit der Eröffnung der Luxus-Insel Sindalah wollte Mohammed bin Salman seine Kritiker zum Schweigen bringen. Doch kurz nach der ersten Party gab es einen Wechsel an der Spitze.
Die Welt schaut nach Saudi-Arabien. Das ölreiche Land will sich mit dem Billionen-Projekt Neom und Bauwerken wie der Bandstadt “The Line” ein Denkmal setzen. Das Konzept setzt dabei auf puren Luxus. Die Bauten in den Regionen sollen die Reichsten der Reichen anziehen, an Sternehotels, teuren Restaurants und Entspannung soll es nirgendwo mangeln.
Doch das Land hat ein Problem – die Kritiker wollen einfach nicht aufhören, die vorherrschende Gigantomanie anzuprangern, die Machbarkeit der Projekte anzuzweifeln und auf die Missachtung von Menschenrechten hinzuweisen. Das wirft kein gutes Licht auf Neom und schon gar nicht auf den saudi-arabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, dem laut CIA überdies der Befehl für den Mord an Jamal Khashoggi anhaftet.
Promis feiern “Neom”-Insel Sindalah, Kronprinz dennoch “unzufrieden”
Umso größer war die Freude, als man Ende Oktober die Eröffnung des ersten angeblich fertigen Projekts verkünden konnte. Die Luxus-Insel Sindalah sei fertig, hieß es. Zur Eröffnung lud man Promis aus aller Welt ein, darunter Alicia Keys und Will Smith. Eine Handvoll Bilder lud der Juwelier Jacob Arabo hoch, zu sehen sind unter anderem Tom Brady und Rafael Nadal. Lächeln für das Königreich.
Hinter den Kulissen soll es allerdings weniger schillernd gelaufen sein, berichtet die britische Zeitung “The Times” unter Berufung auf Banker und interne Quellen. Auch eine offizielle Ankündigung machte stutzig. Wenige Wochen nach der Party verkündete Neom, dass der ehemalige Projekt-CEO Nadhmi Al-Nasr durch Aiman Al-Mudaifer ersetzt wurde. Gründe nannte man nicht.
Die “Times” will erfahren haben, dass der Kronprinz höchstselbst nicht zufrieden mit der Insel gewesen sei. Sindalah sei, gemessen an den Investitionen, “lediglich durchschnittlich”, heißt es. Zudem sei die Eröffnung künstlich aufgeblasen worden: Der geschasste CEO soll mutmaßlich 40 Yachten gemietet haben, damit der Hafen voller wirkt, schreibt die Zeitung weiter.
Der Personalwechsel in der obersten Etage könnte aber auch mit engeren Finanzplänen zusammenhängen. Niedrige Ölpreise sollen an den Budgets für Neom nagen, wird berichtet. Der neue Chef hat also die Aufgabe, nicht nur den Kronprinzen zu begeistern, sondern auch frisches Geld an Land zu ziehen.
Verspätungen trotz zahlloser Toter
Das Voranschreiten der Projekte, allen voran des Vorzeigeobjekts “The Line”, sollte Al-Nasrs Nachfolger jedoch auch nicht außer Acht lassen. Ausgerechnet dort kam es immer wieder zu Verspätungen und Korrekturen der Bauziele, was Kritiker genüsslich kolportierten.
Härter antreiben kann der neue CEO die Arbeiter aber wohl kaum noch. Schon vor zwei Jahren berichtete das “Wall Street Journal”, dass sich Vorgänger Al-Nasr mit menschenverachtenden Aussagen gebrüstet habe. Auf einem Tonband soll er gesagt haben: “Ich treibe jeden wie einen Sklaven an. Wenn sie tot umfallen, feiere ich. So mache ich meine Projekte.”
In der kürzlich erschienenen “ITV”-Doku “Kingdom Uncovered: Inside Saudi Arabia” war zuletzt die Rede von 21.000 verstorbenen Arbeitern, die für saudische Projekte in den vergangenen acht Jahren ihr Leben ließen.