Looksmaxxing heißt der Trend, bei dem junge Männer auf besonders harten Kaugummis kauen oder sich den Mund vor dem Schlafen zukleben. Warum tun sie sich das an?
Mal wieder ist es ein Trend, der TikTok und den sozialen Netzwerken entspringt: “Looksmaxxing”. Das bedeutet nichts anderes, als sein Aussehen zu optimieren. Es geht darum, so attraktiv wie möglich zu sein.
Zielgruppe dieses Trends sind vor allem Teenagerjungs und junge Männer. Laut der BBC finden sich die Ursprünge des Looksmaxxings in Foren für sogenannte Incels. Diese Abkürzung steht für die Gruppe der “involuntary celibates”, also unfreiwillig zölibatär lebende Männer. Die breite Masse erreicht der Trend nun über TikTok. Beim Looksmaxxing geht es nicht nur darum, besser als die anderen Jungs im Internet auszusehen, sondern auch um die Anerkennung junger Frauen. “How can I get girls?!😩”, also “Wie bekomme ich Mädchen?”, heißt es dort zum Beispiel in einem Video, das erst einen pickligen Teenager und als Antwort eine optimierte Version des mittlerweile jungen Mannes zeigt.
Looksmaxxing: die Abstufungen
Unterschieden wird beim Looksmaxxing zwischen Soft- und Hardmaxxing, einer seichten und harten Optimierung. In Softmaxxing-Videos erklären junge Männer anderen jungen Männern allgemeine Körperhygiene und -pflege: Wie man sich die Zähne richtig putzt, die Haare wäscht, das Gesicht reinigt oder Mitesser und Pickel entfernt. Auf den ersten Blick scheint das einen eher positiven Effekt zu haben. Nach dem Motto: Auch Jungs können Beautyprodukte benutzen. Doch natürlich finden sich in diesen Clips auch viele Produktplatzierungen. Als hätte der Beautymarkt nun eine neue Zielgruppe für sich gefunden: junge Männer.
Toxische Schönheitsideale und Muskeldysmorphie 21 16.53
Dass der Grat zwischen hilfreichen Pflegetipps und schädlicher Selbstoptimierung schmal ist, merkt man, wenn man tiefer in die Welt des Looksmaxxing eintaucht. Dann landet man früher oder später bei Hartmaxxing-Videos. Hier geht es weniger darum, seinen Körper zu pflegen, sondern ihn auf das Extreme zu verändern, um, “männlicher” zu wirken. Zum Idealtyp gehören viele Muskeln, ein breiter Nacken, ein symmetrisches Gesicht und ein absurd spezifischer Neigungswinkel zwischen den äußeren und inneren Augenwinkeln.
Ein breiter Kiefer scheint hier das wichtigste Schönheitsideal zu sein. Die Jungs kauen dafür auf extrem harten Kaugummis oder auf Tools, die als Kiefertrainer beworben werden. Damit der definierte Kiefer auf Fotos und Videos noch markanter aussieht, inszenieren sie sich in einer speziellen Pose, die “Mewing” genannt wird. Dabei platziert man die Zunge so an der Gaumendecke, dass ein Unterdruck entsteht, der die Haut unter dem Kinn nach oben zieht. Manch einer glaubt, mit dieser Technik sein Doppelkinn wegtrainieren zu können. Wissenschaftlich bewiesen ist das jedoch nicht.
Außerdem werden in den Videos oft Ernährung sowie der Körperfettanteil thematisiert. Männern, die nach dem Looksmaxxingprinzip ihr “Potenzial” noch nicht erreicht haben, wird dazu geraten, abzunehmen oder sich einer Schönheitsoperation zu unterziehen. Damit zeigt sich, wie gefährlich dieser Trend ist. Der Schönheitswahn, der seit Jahren Frauen dazu bringt, Essstörungen zu entwickeln, ist nun bei jungen Männern angekommen.
Das Gesicht hinter dem Trend
Der Influencer Kareem Shami ist wohl das bekannteste Gesicht in der Looksmaxxing-Welt. Sein Account “syrianpsycho” hat 1,8 Millionen Follower auf TikTok. Dort erzählt er seine Geschichte so: Er sei als Teenager unter anderem aufgrund seines Aussehens gemobbt worden. Deswegen habe er damit angefangen, sein Äußeres drastisch zu verändern. Er ließ sich die Haare wachsen, ging ins Fitnessstudio, trainierte seinen Kiefer und entfernte seine Pickel mit einer Gesichtsroutine. Inzwischen teilt er jetzt seine Transformation und sein Wissen mit der Welt.
Shami wäre aber natürlich kein richtiger Influencer, wenn er damit nicht auch Geld verdienen würde. Auf der Webseite “Skool”, eine digitale Plattform, auf der sich verschiedene Communitys zusammenfinden, bietet er für 19 US-Dollar im Monat ein Abonnement für seine “Mogwarts Academy”. Mogwarts ist eine Zusammensetzung aus dem englischen Wort “to mog”, was so viel heißt wie einer anderen Person äußerlich an Attraktivität überlegen zu sein, und dem Wort Hogwarts, also der Schule für Hexerei und Zauberei aus den Harry Potter-Büchern. Mogwarts, so steht es auf der Webseite, ist wiederum eine Schule für Looksmaxxing und tiefgreifende Selbstverbesserung. 3000 zahlende Mitglieder hat die Akademie aktuell.
Laut der “GQ” können sich die Schüler der Akademie dort untereinander austauschen, an Klassen zur Selbstoptimierung teilnehmen, Podcastfolgen hören und in Q&A-Formaten Größen der Looksmaxxing-Szene Fragen stellen. Zudem gibt es monatliche Challenges unter den Schülern wie “Die beste Vorher/Nachher-Kieferpartie”. Je mehr man auf der Plattform aktiv ist, umso höher wird der Status. Zudem gibt es verschiedene Levels, die einem Zugang zu exklusiveren, privaten Chatgruppen sowie einen privaten Anruf mit Shami ermöglichen sollen.
In einem “GQ”-Artikel betont Shami, dass er selbst “die seltsamen Dinge” in Looksmaxxing-Foren nicht bewirke, und spielt damit wahrscheinlich auf Schönheitsoperationen und Co. an. Nur: Shami klärt junge Männer eben nicht über Körperhygiene auf, sondern zieht Profit aus ihren Unsicherheiten. Looksmaxxing hätte Potenzial gehabt, mit Gender-Normen zu brechen, doch nun scheint es vor allem bestehende Schönheitsideale zu fördern.