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Meinung: Das 1,5-Grad-Ziel war ein Fehler

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Das Klimaschutzziel von Paris war eine Illusion. Wir müssen uns von ihm verabschieden und uns ehrlich machen. 

1,5-Grad wärmer, das klang damals überhaupt nicht dramatisch. Als die Politiker auf der Weltklimakonferenz 2015 in Paris beschlossen, die Erderwärmung bis zum Jahr 2100 auf diesen Wert zu begrenzen, konnte sich kaum jemand vorstellen, was das konkret bedeuten würde. 

Hat die Klimakonferenz als Format ausgedient?

2024 sind wir längst an diesem Grenzwert angekommen, 76 Jahre vor Ende des Jahrhunderts! Und die Folgen dieser scheinbar harmlosen durchschnittlichen Erwärmung der Erdatmosphäre sind dramatisch. Allein die Überschwemmungskatastrophen in Europa in diesem Jahr in Polen, Österreich, Frankreich bis zuletzt in Spanien haben gezeigt: Eine 1,5 Grad wärmere Atmosphäre besitzt die Energie, ganze Landstriche zu verwüsten. In anderen Ländern wie den USA oder Indien wurden in den vergangenen zwölf Monaten Temperaturen erreicht, die das tägliche Leben zur Qual machten.

Klimaschutz darf kein Wunschtraum bleiben

Offenbar behandeln wir das Pariser Klimaabkommen wie einen Wunschtraum, in dem die Welt nicht untergeht, auch wenn wir alle so weiter machen wie bisher. Nur eben etwas klimafreundlicher. 

Der Wetterexperte und Veranstalter des Extremwetterkongresses, Frank Böttcher, erklärte mir jüngst in einem Gespräch: Selbst wenn es gelänge, die Erwärmung tatsächlich auf 1,5-Grad zu begrenzen, hätte dies langfristig schwerwiegende Folgen: Der gesamte Grönländische Eisschild könnte abschmelzen, der Meeresspiegel um elf Meter steigen. 11: USKlimagesandter Kampf gegen den Klimawandel wird trotz Trump fortgesetzt – 071c75c85b715575

Das hieße nicht nur, dass ein paar Inselvölker ihre Heimat verlieren würden. Millionen Menschen entlang der Küsten müssten sich auf den Weg machen in höher gelegen Regionen. Haben wir uns also täuschen lassen von dieser scheinbar harmlosen Zahl 1,5 Grad?

Auch Mojib Latif, einer der bekanntesten deutsche Klimaforscher, war schon 2015 skeptisch, wie er in einem Interview anlässlich seines 70. Geburtstag im September sagte: “Ich habe es immer für einen großen Fehler gehalten, das 1,5-Grad-Ziel in das Pariser Klimaabkommen reinzuschreiben. Schon damals war mir klar, es ist vollkommen illusorisch, dass man die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzen kann. Zu diesem Zeitpunkt waren wir schon bei ungefähr einem Grad Erwärmung, und die Welt wird auch nicht von heute auf morgen keine Treibhausgase mehr ausstoßen.” 

Tatsächlich produziert die Menschheit seit dem Beschluss von Paris nicht weniger CO2, sondern jedes Jahr mehr und mehr. “Wenn wir so weitermachen wie bisher, steuern wir bis 2050 auf eine Erwärmung um bis zu 3 Grad zu”, warnt daher Frank Böttcher. Denn offenbar steigt die Temperatur in der Atmosphäre mit zunehmendem CO2-Gehalt nicht langsam und kontinuierlich an, sondern es kommt in ihr zu Rückkopplungsmechanismen, die die Temperatur plötzlich steigen lassen. 

Vor einer solchen Entwicklung haben Klimaforscher schon vor Jahrzehnten gewarnt. Wollten wir die bittere Wahrheit schlicht nicht hören und uns stattdessen damit beruhigen, dass wir die Atmosphäre ganz einfach beeinflussen könnten?

Die Zukunft des Klimas berührt uns nicht genug

Am Ende seines Forscherlebens ist Mojib Latif frustriert. Er dachte, Wissen führte auch zum Handeln: “Ich kommuniziere jetzt seit 40 Jahren über den Klimawandel, und der Erfolg ist sehr überschaubar.” Ein Neurowissenschaftler habe ihm vor ein paar Jahren erklärt, warum das so sei: “Weil uns die Zukunft nicht interessiert, weil wir sie nicht spüren können, weil sie die Menschen nicht emotional berührt.”

Ich befürchte, der Neurowissenschaftler hat recht. Offenbar muss uns die Härte des Klimawandels erst voll treffen, bis wir wirklich bereit sind, etwas dagegen zu tun. Verdorbene Urlaube am Mittelmeer, weil es dort in einem Jahr Waldbrände gibt und im nächsten Jahr endlosen Regen, werden uns nicht aufrütteln. 

Treibhausgase so schnell wie möglich minimieren

Und wir müssen damit aufhören, uns selbst zu belügen: Noch immer gibt es auf zahlreichen deutschen Internet-Plattformen Rechner, die zeigen, welches CO2-Budget Deutschland noch habe, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Das sei so, sagt Frank Böttcher, als würde man einem Alkoholiker mit einer kranken Leber sagen: Ein paar Schlucke darfst du dir schon noch genehmigen. 

Dennoch gibt es Hoffnung. Wir wissen, wie das Klimageschehen funktioniert und wie es auf noch mehr CO2 regieren wird. Daher wissen wir auch, was wir tun müssen, um den Klimawandel auf ein möglicherweise noch erträgliches Maß zu reduzieren: Wir müssen den Ausstoß von Treibhausgasen so schnell wie möglich radikal minimieren. 

Dies muss das Ziel einer weltweiten Konferenz sein, nicht das Festhalten an einem Strohhalm namens 1,5-Grad-Ziel.

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