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Glosse: Marco Buschmanns Song: Ex-Minister vertont Ampel-Aus: Zwischen Autowerbung und angetrunkener KI

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Ex-Justizminister Marco Buschmann ist schon seit längerem als DJ im Internet unterwegs. Nun hat er zum Ampel-Aus einen neuen Track produziert. Muss das sein?

Was macht man als Musiker, wenn sich die Welt wieder einmal gegen einen verschworen hat? Richtig, man schnappt sich die Akustische, verdunkelt die Jalousien und vertont den Frust in e-Moll. Oder haut in die Tasten – wie Marco Buschmann alias “MBSounds”.

“Hoch auf dem gelben Wagen”, so schmetterte es einst Walter Scheel und kam damit sogar in die Charts. Wir wissen nicht, was der einstige Bundespräsident vom neuesten Werk seines FDP-Kollegen gehalten hätte. Fest steht jedoch, dass Marco Buschmann, bis vor einigen Tagen Bundesjustizminister, den musikalischen Zossen ein wenig anders aufzäumt, als sein liberaler Genosse einst den Postschimmel.

Marco Buschmanns Song: “Zwiebelt ultra”

“MBSounds” nennt sich Marco Buschmann schon seit einigen Jahren. Das klingt so ein wenig nach “MB Spiele”, die Älteren werden sich an die legendären Werbespots erinnern. Ein Junge mit Pottschnitt und mächtigem Schwengel haute gegen einen riesigen Gong, dazu erklang eine verheißungsvolle Stimme aus dem Off:

 “MB Spiele präsentiert… “

Beim Buschmann hört man diesen Gong fast mit: 

 “MBSounds präsentiert: Gehen um zu stehen “

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Was dann folgt, ist jedoch kein schmissiges Kutschbock-Chanson wie bei Scheel, sondern ein Instrumentalstück. Wobei, so richtig instrumental denn auch nicht. Den Auftakt bilden Tasten und Streicher, ein Mix aus 90er-Jahre-Autowerbung und Richard Clayderman an einem progressiven Tag. Kurz darauf erklingen sakrale Choräle. 

Wer sich an die Mucker-Mönche von Gregorian und Enigmas Vorspiel-Schnurre “Sadness (Part I)” erinnert, weiß, was gemeint ist: Kapuziner-Vocals, wie unter der Kuppel einer Kathedrale eingesungen, Kirchentags-Pop für “Der Name der Rose”-Leser, Fans von Henry Maske und “Kuschelrock”-Sammler – als hätte man Vangelis durch eine von Dieter Bohlen auf Eierlikör programmierte KI gejagt, kurzum: Mega! 

Soundcloud_Song

Oder um es mit dem Soundcloud-User “hoelg” zu sagen: 

“Der Chor zwiebelt ultra.”

Das Stück von Marco Buschmann erinnert an musikalisch begabte Staubsauger

In der Tat, das Teil zwiebelt, dass es einem nur so die Tränen in die Augen treibt. Wer jedoch darauf wartet, dass Big-Beats-Buschmann noch irgendwie die Laterne der Erkenntnis auf den Songtitel hält, wird enttäuscht. Sinn und Zweck von “Gehen um zu stehen” muss man sich selbst zusammenreimen. Liest sich auf dem Papier so ein wenig, als hätte man Tocotronic und Roland Kaiser übereinander gelegt, soll aber wohl an die englische Redewendung vom “Running To Stand Still” gemahnen: “You are fighting against a force which is pushing you backwards”.

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Drei Minuten und 42 Sekunden ist das Stück lang, kurz vorm letzten Viertel hebt sogar noch eine Art Spielzeug-Gitarre an, die Töne fast hippiesk verzogen, im Bending der Riffs an einen musikalisch begabten Staubsauger erinnernd. Es zockt und spielt der Buschmann, wo Walter Scheel nur reiten kann. Wobei … wenn man den Text des Liedes über den gelben Wagen da und dort etwas manipuliert, wäre sogar noch ein wenig Tagesaktualität eingepreist: “Ich bliebe so gern bei dem Lindner, aber der Wagen, der rollt.”

Fazit: Nicht eben Punkte versprechendes ESC-Material, für Politiker-Pop aber durchaus solide. Zum Zapfenstreich nach den Neuwahlen dann in der Pauken-Version vom Stabsmusikkorps. Zwiebelt bestimmt ultra.

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