Nach heftigem Streit hat sich die Fraktion der Freien Wähler aufgelöst. Vier frühere Mitglieder wollen eine parlamentarische Gruppe bilden – der Ältestenrat des Parlaments hat grünes Licht gegeben.
Vier frühere Mitglieder der aufgelösten Fraktion der Freien Wähler im rheinland-pfälzischen Landtag dürfen sich aller Voraussicht nach zu einer parlamentarischen Gruppe zusammenschließen und können sich so gewisse politische Mitwirkungsrechte und Geld sichern. Der Ältestenrat des Landtages in Mainz entschied einstimmig, einem entsprechenden Antrag der Abgeordneten Helge Schwab, Patrick Kunz, Lisa-Marie Jeckel, und Stephan Wefelscheid stattzugeben.
Die endgültige Entscheidung obliegt nun dem Landtag, der sich am 13. November damit befassen wird. Folgt eine einfache Mehrheit im Plenum der Empfehlung des Ältestenrates, steht dem Entstehen der ersten Gruppe in dem Landesparlament nichts mehr im Wege.
Warum gibt es die Fraktion der Freien Wähler nicht mehr?
Ihr gehörten ursprünglich sechs Abgeordnete an. Im Nachgang eines turbulenten Landesparteitags samt heftigen Richtungsstreits der Freien Wähler Rheinland-Pfalz traten zwei Abgeordnete aus, Herbert Drumm und Bernhard Alscher. Damit sackte die Fraktion unter die Mindestzahl von fünf Mitgliedern.
Es folgte die Auflösung, die Mitarbeiter der Fraktion mussten entlassen werden. Damit verloren die Abgeordneten auch eine ganze Reihe an Mitwirkungsrechten, die nur in Fraktionen organisierten Parlamentariern zustehen.
Außerdem wurden Geldleistungen des Landtages gestrichen. Eine Fraktion bekommt monatlich einen Grundbetrag von 70.025 Euro, einen Steigerungsbetrag von 2.191 Euro für jedes Fraktionsmitglied sowie einen zusätzlichen Steigerungsbetrag von 514 Euro pro Mitglied für jede Fraktion, die nicht die Landesregierung trägt, also eine Oppositionsfraktion wie die der Freien Wähler.
Was bringt der Status einer Gruppe?
Da es eine solche Konstruktion im Landtag in Mainz bislang nicht gegeben hat, musste der Ältestenrat das für den konkreten Fall definieren. Nach Angaben von Landtagspräsident Hendrik Hering sprach sich das Gremium dafür aus, dass die Gruppe Abgeordnete in vier Fachausschüsse entsenden kann, also jedes Gruppenmitglied einen Platz hat. Dort hätten sie zwar kein Stimmrecht, aber zumindest ein Rede- und Antragsrecht.
Außerdem dürfe die Gruppe ein Mitglied in den Ältestenrat entsenden, wo dieses als Gast ein Rederecht, aber kein Stimmrecht hat. Überdies gestehe der Ältestenrat der Gruppe zu, pro Jahr zwei Große Anfragen zu stellen und für vier Plenarsitzungen pro Jahr ein Thema für eine aktuelle Debatte zu beantragen.
Vorbehaltlich der Zustimmung des Landtages Mitte November bekommt die Gruppe künftig 40 Prozent des Grundbetrages für eine Fraktion, der Steigerungsbetrag und der Oppositionszuschlag sollen gewährt werden. Insgesamt würde die Gruppe dann monatlich rund 42.000 Euro bekommen. In ihrem Antrag hatten die Vier mehr gefordert, etwa die Bereitstellung eines Dienstwagens für den Vorsitzenden sowie 65 Prozent des Grundbetrages. Bei dem Betrag hatten sie auf Regelungen für die parlamentarische Gruppe der Freien Wähler im Landtag von Brandenburg verwiesen.
Wie begründet der Ältestenrat seine Entscheidung?
Maßgeblich sei gewesen, dass das Bündnis “politisch homogen” sei, wie Landtagspräsident Hering erklärte. In dem konkreten Fall seien alle Abgeordneten Mitglieder einer Partei, und mit vier Köpfen seien es auch nur knapp weniger, als es für eine Fraktion brauche.
Mit den gewährten Rechten und finanziellen Mitteln werde ein gewisses Abstandsgebot zwischen Fraktionen und parlamentarischen Gruppen sowie fraktionslosen Abgeordnete gewahrt. Von Letzteren gibt es derzeit nach dem Ende der Fraktion der Freien Wähler zehn. Neben den Vertretern der Freien Wähler sind das vier frühere Mitglieder der AfD-Fraktion.
Gab es schon mal eine vergleichbare Entscheidung?
Ja, der Ältestenrat hat sich schon einmal mit einem Antrag auf Bildung einer parlamentarischen Gruppe auseinandergesetzt, im Februar dieses Jahres. Damals wollten die drei früheren Mitglieder der AfD-Fraktion, Michael Frisch, der sogar mal Fraktionschef war, Matthias Joa und Martin Louis Schmidt eine Gruppe namens “Drei Farben” bilden.
In diesem Fall sah der Ältestenrat kein politisch homogenes Bündnis, Joa war zu dem Zeitpunkt bereits aus der AfD ausgetreten. Außerdem befand der Ältestenrat diesen Zusammenschluss für nicht groß genug, um etwa einen oder mehrere Sitze in einem Fachausschuss zu bekommen. Der Landtag folgte der Empfehlung, diese Gruppe kam nicht zustande.
Was sagen Vertreter der Freien Wähler zur jetzigen Entscheidung?
Der letzte Vorsitzende der Fraktion, Helge Schwab, begrüßte die Empfehlung des Ältestenrates. Sofern das Parlament den Empfehlungen in der kommenden Plenarsitzung folge, hätten die Abgeordneten in der Gruppe die Möglichkeit, wenn auch eingeschränkt, den politischen Willen der Freien Wähler Rheinland-Pfalz im Landesparlament zu platzieren.
Mit ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fraktion würden nun Gespräche geführt, um direkt nach der Zulassung durch das Parlament einen möglichst reibungslosen Neustart zu gewährleisten, sagte Schwab.
Was ist mit den anderen beiden Angeordneten der Freien Wähler?
Drumm und Alscher streben beim Bundesvorstand der Freien Wähler ein Mediationsverfahren an und dürfen sich offenbar Hoffnungen machen. Die Bundesvereinigung der Freien Wähler teilte auf Anfrage mit, auf der vergangenen Sitzung des Bundesvorstandes hätten der Bundesvorsitzende Hubert Aiwanger und Generalsekretär Gregor Voht die Bereitschaft erklärt, als Schlichter zu fungieren. Das Thema werde in der kommenden Woche auch auf dem Bundesparteitag im unterfränkischen Geiselwind zur Abstimmung gestellt.
“Ziel eines gemeinsamen Streitschlichtungsgesprächs ist die erneute Fraktionsbildung mit allen sechs Abgeordneten”, heißt es von der Bundesvereinigung. Aktuell werde nach einem Termin gesucht. Die Erwartungshaltung des Bundesvorstandes sowie der Wähler sei, dass sich die sechs rheinland-pfälzischen Landtagsabgeordneten der Freien Wähler wieder unter einem Fraktionsdach versammeln.