Statt Klamotten, Schulnoten und Videospielen hat die Generation Z mittlerweile größere Sorgen. Krieg, Rechtsruck und Klimawandel beschäftigen unseren Autor tagtäglich. Die Lösung? Auswandern.
Maximilian Wiese ist Schülerpraktikant beim stern. Er ist 15 Jahre alt und besucht die zehnte Klasse.
Ich will hier weg – weil ich Angst habe.
Was, wenn Wladimir Putin nach der Ukraine Deutschland ins Visier nimmt? Was, wenn bei der nächsten Bundestagswahl die AfD gewinnt und Freunde von mir abgeschoben werden? Was, wenn hier in 20 Jahren niemand mehr leben kann, weil Temperaturen von 40 Grad Standard sind?
Das sind keine Hirngespinste. Das sind berechtigte Ängste, die mir keine Ruhe lassen – und damit bin ich nicht alleine. Laut der kürzlich veröffentlichten Shell-Studie fürchten sich vier von fünf Deutschen zwischen zwölf und 25 Jahren vor dem Morgen – genau genommen vor Krieg und Klima.
Verdrängen klappt bei mir nicht mehr, die Zweifel lassen mich nicht mehr los. Ich fühle mich machtlos, habe das Gefühl, sowieso nichts ändern zu können. Was also tun? Weglaufen. Nein: flüchten. Zumindest erstmal auf Probe.
Viele aus der Generation Z wollen weg – aber wohin eigentlich?
Es geht nicht nur um die ganz großen Krisen. Ich brauche einfach eine Auszeit. Weg von mürrischen Gesichtern, Nieselregen und oberflächlichen Lehrern. Stattdessen: neue Kultur, neue Sprache – ein neues Ich. Ich möchte mir offenhalten, später an einer ausländischen Universität zu studieren, möchte lernen, mich in einer neuen Umgebung zurechtzufinden und Kontakte knüpfen. Die Furcht vor der nahen Zukunft lässt auch Freunde von mir nachts nicht gut schlafen. Sie wollen wie ich weg, ins Ausland. Aber genügt Europa oder muss ich noch weiter weg?
Klar – nicht nur Deutschland rutscht nach rechts. Menschen, die wegen des Rechtsrucks Deutschland verlassen, ziehen häufig nach Österreich. Nach der jüngsten Wahl ergibt das wenig Sinn für mich. Während rechte Politiker in Europa regieren oder machtsüchtige Tyrannen in den einflussreichsten Ländern der Welt herrschen, kann ich mich glücklich schätzen, ein Jahr im Ausland verbringen zu dürfen. Hoffentlich in Australien. Der Traum von Amerika ist für mich durch unsinnige Waffengesetze, zunehmende Naturkatastrophen und Donald Trump schon lange geplatzt. Giftige Spinne sind mir weitaus lieber als Hurrikans, unzurechnungsfähige Politiker oder irre Amokläufer.
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Im besten Falle finde ich im Getümmel von Spinnen, Schlangen und Koalas ein Zuhause und komme nie wieder. Genau wie Tausende vor mir: Allein 2023 verließen mehr als 250.000 Menschen Deutschland. Viele enge Freunde spielen auch mit diesem Gedanken. Manche mit Einwanderungsgeschichte. Sie haben Angst – vor dem, was die AfD aus diesem Land machen könnte. Als Feind betrachtet zu werden, ein Fremder im eigenen Land zu sein. Das bereitet ganzen Familien Kopfschmerzen. Sie denken ernsthaft darüber nach, ins Heimatland der Großeltern “zurück”zuziehen. Zurück in ein Land, das für viele nie Heimat war.
Es ist nicht lange her, da klangen Worte wie “Remigration” nach rechten Tagträumen, jetzt werden sie allmählich echt, sind vielleicht irgendwann bittere Wahrheit. Spätestens seit den Wahlerfolgen der AfD in Thüringen, Brandenburg und Sachsen lacht niemand mehr darüber.
Wir müssen Deutschlands Werte wahren
Aber man sollte nicht vorschnell den Teufel an die Wand malen – noch sitze ich nicht auf gepackten Koffern, noch bin ich da. Und solange muss ich, müssen wir uns gegen Rechts wehren, gegen die Klimakrise aufbäumen – egal wie aussichtslos es erscheint. Weglaufen, ja. Aber erst wenn alle Bemühungen ein Schuss ins Leere waren.
Wir gehen auf die Straße und kämpfen für deutsche Werte. Denn die haben nichts mit rechten Spinnern zu tun – sondern mit Demokratie, mit Freiheit und Toleranz. So soll das auch bleiben, und dafür werde ich einstehen. In Zeiten wie diesen werden diese Aspekte umso wertvoller.
Aber wenn sich das wirklich ändert, dann bin ich endgültig weg – und nicht nur, um surfen zu lernen.