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Krieg in der Ukraine: Nordkoreanische Soldaten: Wo Putin sie einsetzen könnte und warum

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Die ersten Nordkoreaner sollen bereits in Kursk eingetroffen sein. Wenn sie in den Krieg eingreifen, wird sich die Lage der Ukraine weiter verschärfen.  

Angeblich sind die ersten nordkoreanischen Soldaten bereits im Kampfgebiet in der Ukraine eingetroffen. Das behauptet zumindest Kiew. Pjöngjang bestätigte bislang nur, dass sich eigene Truppen auf russischem Gebiet im fernen Osten befinden.

Am Mittwoch sei die erste Gruppe von 1.000 Kämpfern in der russischen Region Kursk eingetroffen, so Liubov Tsybulska, die Gründerin des ukrainischen Zentrums für strategische Kommunikation und Informationssicherheit. Sie beruft sich auf Quellen innerhalb des russischen Militärs.

Die Region Kursk galt schon vor dieser Meldung als wahrscheinlichster Ort eines nordkoreanischen Einsatzes. Dort befinden sich immer noch ukrainische Truppen auf russischem Boden. Nordkorea wird argumentieren, dass es sich nicht an der Invasion der Ukraine beteiligt, sondern seinem Verbündeten Russland bei der Verteidigung des eigenen Landes beisteht. Insgesamt befinden sich derzeit etwa 12.000 nordkoreanische Soldaten zur Ausbildung in Russland .

Große Zahl von Nordkoreanern

1000 Soldaten sind eine militärisch vernachlässigbare Größe, sie haben nur eine politische Bedeutung. Bei 12.000 Mann sieht es schon anders aus. 12.000 Mann entsprechen etwa drei voll aufgefüllten ukrainischen Brigaden, tatsächlich erreichen Kiews Einheiten derzeit meist nicht die Sollstärke. Zudem gibt es keine Gewähr, dass nicht die nächsten 12.000 Mann folgen werden, sobald die erste Gruppe die Ausbildungslager verlassen hat. Pjöngjang soll Moskau inzwischen genauso so viel Artilleriegranaten liefern, wie Russland selbst produzieren kann.

FAQ Nordkorea in Ukraine 15:19

Russland verfolgt seit 2023 in der Ukraine die Strategie eines Ermüdungskrieges. Große Durchbrüche und kühne Manöver sind nicht vorgesehen. Permanente Kämpfe sollen Soldaten und Material der Ukraine “abnutzen”. Der Krieg basiert auf der Feuerkraft von Fernwaffen und dem Einsatz der Infanterie. Also spielt die Zahl der Frontsoldaten eine entscheidende Rolle.

Ihre zahlenmäßige Überlegenheit ermöglicht es den Russen derzeit, an immer neuen Frontabschnitten aktiv zu werden, während Kiews Truppen im Osten kaum mehr in der Lage sind, die Linien zu besetzen. Die Zahl der Nordkoreaner fällt besonders stark ins Gewicht, denn sie stärken die kämpfenden Fronteinheiten, die nur einen Teil der Armee ausmachen.

“Üben” bei Kursk

Analysten nehmen an, dass die Nordkoreaner als erstes den nördlichsten Zipfel des ukrainischen Einbruchs in die Region Kursk angreifen werden. Dieses Gebiet wurde von den Russen bereits weitgehend abgeschnitten. Anstatt die Zone zu räumen, verharren die Russen seit einigen Tagen. Die Vermutung liegt nahe, dass sie hier eine Übungszone für die Verbündeten schaffen, in dem die Nordkoreaner die Bedingungen des Krieges kennenlernen, ihnen aber nur ein geschwächter Gegner entgegensteht.

Zeigt der Einsatz der Nordkoreaner die “Verzweiflung” Putins, wie behauptet wurde? Tatsächlich demonstriert der Kremlherrscher hier seine Möglichkeiten. Während die Unterstützung der Ukraine durch den Westen zäh und schleppend verläuft, schickt ihm sein Verbündeter nicht nur Millionen von Granaten plus Raketen und andere Rüstungsgüter, er gibt ihm auch ein ganzes Korps von Soldaten. Und wer weiß, vielleicht ist Pjöngjang bereit, ein zweites, drittes oder gar viertes Korps zu entsenden.

Aufwertung von Nordkorea

Für Kim Jong-un ist der Ukrainekrieg ein Segen. Die bizarre nordkoreanische Diktatur wurde vor dem Krieg selbst von Russland und China argwöhnisch beobachtet. Nun ist Kim ein gesuchter Verbündeter, der die Weltpolitik mitgestaltet. Und Russland bezahlt diese Hilfe. Mit Geld, mit Nahrungsmitteln und auch mit Rüstungs-Knowhow. Mögliche Todesopfer dürften Kim Jong-un egal sein. Seine Truppen verdienen nicht nur Geld, sie erlernen das Handwerk des modernen Krieges, wie er sich in der Ukraine entwickelt hat. Und dieser Krieg sieht ganz anders aus, als man zuvor angenommen hat. Nordkorea hat mit 1,3 Millionen Soldaten und 7,6 Millionen Reservisten die viertgrößte Armee der Welt. Die Ausrüstung gilt teils als veraltet. Doch im Krieg der Infanterie spielt das keine große Rolle, wenn es den Russen gelingt, die Verbündeten mit Drohnen, Körperschutz, Nachtsichtgeräten und Ähnlichem zu versorgen. Teile der nordkoreanischen Truppen sind ausdrücklich für Kommandounternehmen im Rücken feindlicher Truppen und für den Guerillakampf ausgebildet. Sie dürften am besten für den Krieg in der Ukraine vorbereitet sein.

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Antwort des Westens 

Der Kreml kauft günstig Soldaten ein. Putin verzichtet darauf, in Russland Soldaten per Mobilisierung auszuheben – Russen werden durch das Ansehen aber vor allem durch das Geld in den Krieg gelockt. Moskau vermeidet so ein Problem, unter dem Kiew leidet. Millionen Ukrainer haben das Land verlassen, um der Front zu entgehen. Nun fehlen sie nicht nur der Armee, sondern auch der Wirtschaft.

Auch Russland leidet derzeit an einem Mangel an Arbeitskräften und versucht dies mit der Anwerbung von Kämpfern und Arbeitern im Ausland zu lösen. Doch jeder einzelne muss individuell überzeugt werden. In Nordkorea reicht ein Erlass und Tausende marschieren. Den Einsatz fremder Truppen kann man nicht mit dem Anwerben von Freiwilligen oder Söldnern vergleichen. Sollten die Nordkoreaner tatsächlich kämpfen, ist das eine deutliche Eskalationsstufe. Und es ist zu befürchten, dass der Westen keine adäquate Antwort finden wird. Die Unterstützung der Ukraine erlahmt eher, als dass sie zunimmt. Die Entsendung von westlichen Kampftruppen in die Ukraine ist derzeit sehr unwahrscheinlich.

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