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Abgang der Grünenchefin: Keine kann’s besser als Meme-Queen Ricarda Lang

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Grünenchefin Ricarda Lang hat hingeworfen. Warum, weiß nur sie selbst. Aber eines steht fest: In den sozialen Medien macht ihr niemand etwas vor.

Ganz ehrlich: Keine Ahnung, warum Ricarda Lang wirklich hingeworfen hat. Dafür interessieren mich diese Grünen einfach zu wenig. Konnte sie irgendwann all den Hass nicht mehr ertragen, der ihr überall entgegenschlug? Hatte sie Beef mit Robert Habeck? Wollte der nette Windrad-Wuschel sie einfach eiskalt durch 99 exklusiv von ihm höchstpersönlich ferngesteuerte Marionetten aus nachhaltig produziertem Zirbelholz ersetzen? Oder bin ich hier einem dieser Trottel-Narrative von Julian Reichelt und seiner grauenhaften “Nius”-Clique aufgesessen?

Die politischen Verhältnisse sind ja inzwischen so sehr von abgrundtiefer Ekelhaftigkeit durchdrungen, dass es manchmal einfach schwerfällt, nur ein bisschen den Überblick zu bewahren. Oder auch nur die erforderliche Energie aufzubringen, um all den Verästelungen aller miteinander konkurrierenden Narrative zu folgen, von denen eines abstoßender als das andere ist. Und vielleicht war es genau das, was Ricarda Lang irgendwann einfach nicht mehr ausgehalten hat. Verständlich.

Kommentar Grüne 12.05

Die Twitter-Königin Ricarda Lang

Eines jedenfalls steht fest: Für mich ist Ricarda Lang die wahre Twitter-Königin. Sorry, aber wir schreiben hier weiterhin Twitter. Denn nur weil ein libertärer Oligarch mit Nazi-Freunden wie Elon Musk wieder irgendeinen Bullshit beschließt, müssen wir nicht liebgewonnene Gewohnheiten ändern.

Ricarda Lang ist die Einzige, die Memes wirklich versteht. Selbst in größter Anspannung verliert sie nicht den Humor. Noch am Tag ihres Rücktritts antwortete sie lässig auf einen Söder-Tweet, in dem der unkontrollierbare Ministerpräsident wieder einmal gegen die Grünen hetzte. So, als gäbe es keine problematischeren Parteien im Moment. Doch statt Söder nun eine kleine Moralvorlesung zu halten über die Unverantwortlichkeit, einen potenziellen Koalitionspartner fortwährend zu diskreditieren und damit irgendwann die Demokratie endgültig für seine populistische Bratwurstproduktion zu schlachten, postete sie einfach ein GIF von einem gähnenden Mr. Bean:

Mr_Bean

So geht Nonchalance. Lang musste in den letzten Jahren unsägliche Attacken aus der Nazi-Bubble ertragen. Sie wurde fortwährend Opfer von Frauenfeindlichkeit, Bodyshaming und Sexualisierung des politischen Gegners. Alles, was notorische Menschenfeindlichkeit und moralische Verkommenheit im Repertoire haben, wurde auf Ricarda Lang abgefeuert. Und es ist eigentlich ungeheuerlich, dass es so wenig Solidarität mit ihr gab.

Legendärer Bierpullen-Tweet

Doch sie blieb unverdrossen. Mit beeindruckender Kraft stemmte sie sich immer wieder gegen Spott und Hohn. Und in den letzten Monaten schien sie endlich eine Strategie gefunden zu haben. Der Wendepunkt war ihr inzwischen legendärer Bierpullen-Tweet:

Bierpulle

Er wurde mehr als zwei Millionen Mal angezeigt und über 27.000 Mal gelikt. Jetzt wusste die ganze Republik: Lang hatte den Geheimcode der Social-Media-Alchemie geknackt. Von nun an waren ihre Tweets aus feuerfestem Teflon. Man kann nur vermuten, was diese neue Coolness sie wirklich gekostet hat.

Seitdem streute sie zwischen klassische Debattenbeiträge immer wieder ein paar flinke Kacheln, Quotes und Bonmots, die ihre politischen Inhalte mit bislang ungekannter Lässigkeit ans Publikum brachten.

Merz erledigte sie mit links:

Merz

Linnemann gab sie kurz einen im Vorbeigehen mit:

Lindemann

Und Trump servierte Swiftie Lang noch vor dem Mittagessen ab:

Trump

Todesmutiger Kampf gegen Bodyshaming 

Ihr todesmutiger Kampf gegen Bodyshaming müsste eigentlich noch dem letzten AfD-Hinterbänkler tiefen Respekt abnötigen – was allerdings voraussetzen würde, dass diese Typen noch minimale Spurenelemente von Anstand in ihrer verrohten Seele haben. Selten hat man jemanden so ungerührt und ungeschützt an die geifernde Hassfront treten sehen wie Ricarda Lang auf ihrer Hochzeit: 

Hochzeit

Nun könnte man denken, es handele sich bei Ricarda Langs erstaunlicher Eroberung der hohen Twitter-Kunst nur um die Verfeinerung einer oberflächlichen Attitüde. Aber hier geht es um viel mehr. Elegant widerlegte Lang mit ihrem Kommunikationsstil die Narrative ihres politischen Gegners. Denn während man den Grünen auf allen Kanälen Larmoyanz, Besserwisserei und Hysterie vorwirft, zeigt Ricarda Lang vor allem eins: Coolness. Coole Grüne? WTF?

Die Frau mit der Killer-Strategie

Eigentlich hätten die Grünen nun mit Zähnen und Klauen versuchen müssen, ihr größtes Social-Media-Talent zu halten. Denn während alle Parteien panisch irgendeine trottelige Aktentaschen-Strategie gegen die hocheffizienten Social-Media-Kampagnen der AfD suchen, hatte Lang einen Sound gefunden, der die Rechten auf Tiktok, Instagram und Twitter als genau das bloßstellte, was sie schon immer waren: lächerliche Hasstrolle. Doch weil Politik offensichtlich nicht nur “Kunst des Kompromisses” bedeutet, sondern vor allem darauf hinausläuft, im entscheidenden Moment immer die Begabtesten in die Wüste zu schicken, lassen die Grünen die Frau mit der Killer-Strategie nun einfach ziehen. 

Wer in diesen verrohten Zeiten ein Beispiel für Haltung, Mut und freundliche Lässigkeit sucht, sollte sich durch die Timeline von Ricarda Langs Twitter-Account scrollen. Man liest hier eine Geschichte cooler Selbstermächtigung gegen den allgegenwärtigen Hass. Das verdient nichts als Respekt. Chapeau, Ricarda Lang. Und alles Gute.

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