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Bertram Engel: Maffay-Drummer: “Drogen wurden auf Tabaluga-Tour zum Personal-Coach”

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Seit fast 50 Jahren sitzt Bertram Engel für Peter Maffay und Udo Lindenberg am Schlagzeug. Nun hat er ein Buch geschrieben – und rechnet mit dem Rockstarleben ab.

Die hellen Haare schon seit Jahren kurz, die Augen hinter einer Sonnenbrille versteckt, vor ihm sein Werkzeug, mit dem er ganze Stadien beschallt: Schlagzeuger Bertram Engel steht seit fast 50 Jahren mit zwei der größten deutschen Rockmusiker aller Zeiten auf der Bühne: Als Drummer von Peter Maffay und Udo Lindenberg hat der Hüne vor Millionen von Menschen buchstäblich auf die Pauke gehauen. Sein Ruf eilt ihm seit Jahrzehnten voraus. Auf kaum jemanden trifft der Spitzname “Uhrwerk” so zu wie auf ihn. Auf übertriebene Posen verzichtet er dabei. Seine Beats sind klar, strukturiert, wie in Stein gemeißelt – fast so, als würden sie seine Persönlichkeit widerspiegeln. Engel wirkt auf der Bühne wie auch in Interviews wie der Fels in der Rock ‘n’ Roll-Brandung, der Ruhepol, das Metronom, das alles zusammenhält. 

Peter Maffay-Drummer Bertram Engel: Gnadenlose Abrechnung mit Sex, Drugs and Rock ‘n’ Roll

Doch das war offenbar nicht immer so. Der mittlerweile 67-Jährige hat kürzlich ein Buch geschrieben und rechnet darin gnadenlos mit der romantisierten Welt von Sex, Drugs und Rock ‘n’ Roll ab – ohne sich selbst zu schonen. In “Mit alten Männern spiel’ ich nicht” (Riva, 22 Euro) beschreibt er seinen Werdegang, die Eskapaden und die glitzernde Welt der Rockstars, die häufig eher trist und deprimierend ist. STERN PAID 21_24 Peter Maffay IV 10.37

Einen großen Teil des Buches nimmt die Verarbeitung von Drogenexzessen der Band rund um Maffay ein. “Von 1977 bis 1983 habe ich zunächst gar nichts genommen”, äußerte er sich nun in der “Bild”. Aber nach und nach seien ihm “bestimmte Substanzen” zugeführt worden. Der Drogenkonsum sei für ihn und andere Bandmitglieder irgendwann völlig normal gewesen. 

Besonders bemerkenswert: Maffays “Tabaluga“-Tourneen. Denn mit dem kinderfreundlichen Drachen habe der Alltag damals wenig zu tun gehabt, so Engel: “Es war eine völlig unreale Zeit. Man lebte wochenlang in einer abgekapselten Welt, mit diesen ganzen Wunderbäumen, Schneemännern, Zwergen und halb nackten Tänzerinnen, die hinter der Bühne rumsprangen. Zwischen Soundcheck, Doppelshows, Proben und dem ganzen Theaterwahnsinn blieb kaum Möglichkeit zur Entspannung.” Die hätten die Musiker im Rausch gesucht. Um das alles auszuhalten und nicht durchzudrehen, habe schließlich der Rock ‘n’ Roll Einzug gehalten. “Haschisch, Alkohol, Koks und anderes Zeug wurden 24/7 zum Personal-Coach. Und das auf einer Kindertournee!”, schreibt der Drummer. STERN PAID 37_23 IV Curt Cress 20.32

Der Kokain-Konsum habe das alles noch unrealistischer gemacht. “Da konnte man auf den falschen Trip kommen, wenn die Zukunftspanik nahte und man darüber nachdachte, ob es nach Tabaluga noch ein anderes Leben geben könnte.”

Engel entschied sich gegen die Drogen – und für die große Liebe

Doch ewig halten so einen Lebensstil wohl nur die Wenigsten durch. Für Engel kam der Tag, an dem er das begriff, während der Maffay-Tour 2005. Langsam habe allen Bandmitgliedern gedämmert, “dass wir den ruinösen Wahnsinn nicht einfach weitermachen konnten”. Auslöser sei wohl auch seine jetzige Frau Petra gewesen. Sie sei damals erstmals mit im Tourbus unterwegs gewesen und habe von all den Drogeneskapaden keine Ahnung gehabt. “Sie wusste nichts von den Dingen, die wir auf Tour so vollzogen. Vom Koks und dem ganzen Kram”, schreibt Engel in dem Buch. Als ihr das bewusst wurde, stellte sie ihm ein Ultimatum: “Du kannst weitermachen, aber dann bin ich nicht mehr dabei.”

Engel schwor den Drogen ab, entschied sich gegen das Rock-Leben und für die große Liebe: “In dieser Nacht habe ich aufgehört. Mit der Extremsauferei, der Kokserei. Von jetzt auf gleich. Ich habe mich für Petra und für die Musik entschieden.”

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