Boris Palmers jüngste Äußerungen haben für großes Aufsehen gesorgt. Nun kündigt der Tübinger Oberbürgermeister eine Auszeit ein. Die “Stürme der Empörung” seien nicht mehr zumutbar.
Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer ist bei den Grünen ausgetreten. Das teilte die Landespartei am Montag in Stuttgart mit. Palmer bestätigte der Deutschen Presse-Agentur den Austritt. Zuvor hatte Palmer erklärt, eine “Auszeit” nehmen zu wollen. Am Wochenende hatte es große Diskussionen um umstrittene Äußerungen Palmers in Frankfurt am Main gegeben. Weil Palmer in den vergangenen Jahren immer wieder mit seiner Wortwahl für Aufsehen gesorgt hatte, ruhte seine Mitgliedschaft bei den Grünen zuletzt.
In seiner persönlichen Erklärung vom Montag entschuldigte sich Palmer bei den Menschen, “die ich enttäuscht habe”, und betonte, er hätte als Oberbürgermeister “niemals so reden dürfen”. Dass der Eindruck entstanden sei, er würde den Holocaust relativieren, “tut mir unsagbar leid”. Es könne so nicht weiter gehen. “Die wiederkehrenden Stürme der Empörung kann ich meiner Familie, meinen Freunden und Unterstützern, den Mitarbeitern in der Stadtverwaltung, dem Gemeinderat und der Stadtgesellschaft insgesamt nicht mehr zumuten.”
Palmer schrieb in seiner persönlichen Erklärung: “Wenn ich mich zu Unrecht angegriffen fühle und spontan reagiere, wehre ich mich in einer Weise, die alles nur schlimmer macht.” Als Politiker und Oberbürgermeister hätte er niemals so reden dürfen, schreibt Palmer. Er könne nur versuchen, sich selbst zu ändern. “Ich werde daher professionelle Hilfe in Anspruch nehmen und den Versuch machen, meinen Anteil an diesen zunehmend zerstörerischen Verstrickungen aufzuarbeiten.” Er werde deshalb alle Konfrontationen mit ersichtlichem Eskalationspotenzial durch Abstinenz vermeiden.
Boris Palmer verwendete mehrfach das N-Wort
Palmer hatte am Freitag mit einer verbalen Auseinandersetzung mit einer Gruppe vor einer Migrationskonferenz in Frankfurt am Main für Aufsehen gesorgt. Vor einem Gebäude der Goethe-Universität hatte er zu Art und Weise seiner Verwendung des sogenannten N-Wortes Stellung bezogen und das als rassistisch und stark diskriminierend geltende Wort (eine früher gebräuchliche Bezeichnung für schwarze Menschen) dabei mehrfach selbst benutzt und verteidigt.
In einer im Internet verbreiteten Aufnahme davon fragt ihn ein Schwarzer aus der Menge, ob er ihm das ins Gesicht sagen wolle. Palmer wiederholt daraufhin das N-Wort, indem er einen bereits angefangenen Satz wiederholt. Als er mit “Nazis raus”-Rufen konfrontiert wurde, sagte Palmer zu der Menge: “Das ist nichts anderes als der Judenstern. Und zwar, weil ich ein Wort benutzt habe, an dem ihr alles andere festmacht. Wenn man ein falsches Wort sagt, ist man für euch ein Nazi. Denkt mal drüber nach.”
Auch während der Konferenz im Anschluss sprach er das N-Wort mehrfach aus beharrte auf seinem Standpunkt, dass es auf den Kontext der Verwendung ankomme, ob das Wort rassistisch sei, wie ein ebenfalls im Netz kursierendes Video belegt.
Heftige Kritik und Austritt bei den Grünen
Palmer war für seine Äußerungen in Frankfurt am Main heftig kritisiert worden. Unverständnis gab es nicht nur bei den Beteiligten in der Stadt, sondern auch in Baden-Württemberg. Anwalt Rezzo Schlauch wandte sich von Palmer ab, der Tübinger Grünen-Stadtverband ging auf Distanz, und die Gruppe “Vert Realos” – ein Zusammenschluss sogenannter Realpolitiker bei den Grünen – will künftig ohne Palmer weiterarbeiten.
Eine Sprecherin der baden-württembergischen Landespartei teilte dann am Montagabend mit: “Boris Palmer hat am heutigen Montag, 1. Mai 2023, seinen Austritt aus der Partei Bündnis 90/Die Grünen erklärt. Seine Austrittserklärung ist beim baden-württembergischen Landesverband eingegangen, sein Austritt gilt unmittelbar.”
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