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Geschichte: Gedenken an Aufstand im Warschauer Ghetto – Steinmeier-Rede

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Vor 80 Jahren begann der Aufstand. Er richtete sich gegen die Deportation Zehntausender jüdischer Bewohner in Vernichtungslager. Erstmals hält ein deutsches Staatsoberhaupt eine Gedenkrede.

Polen, Israel und Deutschland gedenken heute gemeinsam des Beginns des Aufstandes im Warschauer Ghetto vor genau 80 Jahren. Jüdische Widerstandskämpfer setzten sich damals gegen die Deportation Zehntausender Bewohner in die Vernichtungslager der SS zur Wehr – obwohl der Kampf wegen der Übermacht der SS von Anfang an praktisch aussichtslos war.

Am Ghetto-Denkmal in der polnischen Hauptstadt werden am Mittag die Staatspräsidenten Polens, Israels und erstmals auch Deutschlands – Andrzej Duda, Izchak Herzog und Frank-Walter Steinmeier – Reden halten und Kränze niederlegen.

Für Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird dies eine ähnlich schwierige Rede werden wie Anfang 2020 in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Israel. Dort bekannte er sich vor der Weltgemeinschaft klar zur deutschen Schuld am Holocaust und sagte den Schutz jüdischen Lebens zu. “So etwas erwarte ich von ihm jetzt wieder und damit auch, dass aus einer solchen Rede auch ein Aufrütteln der Gesellschaft hervorgeht”, sagte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, der Deutschen Presse-Agentur.

“Wir sehen leider, dass Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Rassisismus auch in Deutschland zunehmen. Dagegen ein klares Zeichen zu setzen, gerade auch an dieser Stelle, wäre wichtig”, betonte Schuster. “Ich erwarte mir von der Rede des Bundespräsidenten zudem, dass die Bedeutung des selbstbestimmt Jüdischen in der Geschichte und dadurch auch in der Gegenwart klarer wahrgenommen wird.” Schuster begleitet Steinmeier in Warschau, den Duda zu einer Rede eingeladen hatte.

Steinmeier: “Wunderwerk der Versöhnung”

In einer schriftliche Erklärung vor seinem Abflug am Dienstag dankte der Bundespräsident Polen und Israel für das “Wunderwerk der Versöhnung” und betonte: “Es ist bis heute ein Wunder, dass Jüdinnen und Juden, Polinnen und Polen uns Deutschen nach den Verbrechen unserer Vorfahren überhaupt die Hand gereicht haben.” Dieses Geschenk sei beinahe genauso unfassbar wie die Gräueltaten einst. Er sei dafür zutiefst dankbar. “Heute tragen wir alle die große Verantwortung für den Erhalt dieses Wunderwerks.” Er bekenne sich zu dieser Verantwortung – so wie auch Duda und Herzog.

Das Warschauer Ghetto war im Herbst 1940 von den deutschen Besatzern errichtet worden. Rund 450.000 Menschen wurden dort auf engstem Raum eingeschlossen. 1942 begannen die Nationalsozialisten mit der Deportation der Juden in Vernichtungs- und Arbeitslager. Zwischen Juli und September wurden 250.000 bis 280.000 Menschen verschleppt oder ermordet.

Als am 19. April 1943 SS-Einheiten in das Ghetto einmarschierten, begann der Aufstand des nur schwach bewaffneten jüdischen Widerstandes. Die Kämpfe dauerten bis Mitte Mai. Dabei wurden mehr als 56.000 Juden getötet oder in Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert.

Besuch fällt in schwierige Zeit

Steinmeier will am Rande des Gedenkens auch bilaterale Gespräche mit Duda und Herzog führen. Sein Besuch in Polen fällt in eine schwierige Zeit. Im Herbst wird hier ein neues Parlament gewählt. Die nationalkonservative Regierungspartei PiS schürt auch anti-deutsche Ressentiments und geht damit auf Stimmenfang. Immer wieder beliebt ist dabei die – von Deutschland strikt zurückgewiesene – Forderung nach Reparationen für die im Zweiten Weltkrieg erlittenen Schäden.

Erst gestern verabschiedete Polens Regierung eine Resolution, welche die Regelung der Reparationsfrage zu einer Notwendigkeit in den beiderseitigen Beziehungen erklärte. Sie sei die formale Antwort auf die diplomatische Note, mit der Berlin die Reparationsforderungen Polens abgelehnt habe, sagte der Vize-Außenminister und Reparationsbeauftragte Arkadiusz Mularczyk. Dass die Entschließung wenige Stunden vor Steinmeiers Ankunft in Warschau gefasst wurde, ließ sich aus deutscher Sicht allerdings auch als diplomatische Provokation werten.

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