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Verkehr: NRW will keine Blanko-Vollmacht für schnelleren Autobahnbau geben

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Bundesverkehrsminister Wissing drückt beim Autobahnausbau auf die Tube. Er will, dass die Länder zügig ihr Einverständnis für ein Beschleunigungsgesetz geben. Der grüne Verkehrsminister in NRW reagiert mit Unverständnis und Empörung.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) stößt mit seinem Wunsch nach schneller Zustimmung der Länder für bestimmte Autobahnprojekte auf Ablehnung in Nordrhein-Westfalen. Die Länder sollen dem Bund bis zum 28. April mitteilen, ob sie ihr Einvernehmen zur gesetzlichen Festschreibung eines Projektes zur Engpassbeseitigung erklären. Das geht aus einem Schreiben Wissings hervor, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Wissings Pläne seien noch nicht mal auf der Verkehrsministerkonferenz (VMK) im vergangenen Monat in Aachen vorgestellt worden, sagte der Vorsitzende der VMK, Nordrhein-Westfalens Ressortchef Oliver Krischer (Grüne), der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf. “Und dann sollen innerhalb von acht Tagen alle deutsche Landesregierungen mal eben einer Liste zustimmen, die sich Herr Wissing mal eben ausgedacht hat.” Weder sei der konkrete Planungsstand der Bundesprojekte in NRW bekannt noch, was Wissing genau in der Planung einzelner Projekte verändern wolle. “Auf der Basis lässt sich keine seriöse Entscheidung treffen”, stellte Krischer fest.

Die Ampel-Koalition hatte sich Ende März darauf geeinigt, dass es eine Beschleunigung für Autobahnprojekte geben soll, die Stauschwerpunkte und Engstellen sind. Das sind insgesamt 145, zu denen aber auch Teilabschnitte eines Projekts gehören. Sie liegen vor allem in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und 66 davon auch in NRW. Zu den 66 NRW-Projekten auf Wissings Liste zählen diverse Abschnitte auf den Autobahnen A1, A2, A3, A4, A30, A40, A42, A43, A45, A52, A57 sowie auf der A59.

Insgesamt sollen nach Darstellung des Bundesverkehrsministeriums 988 Kilometer neue Straßen gebaut werden, das entspreche 7,5 Prozent des Bestandsnetzes. Das Ziel: weniger Staus und flüssiger Verkehr.

Die Festschreibung eines überragenden öffentlichen Interesses soll aber im Einvernehmen mit dem jeweils betroffenen Land geschehen, wie es in einem Beschlusspapier des Koalitionsausschusses hieß. Mit der Festschreibung eines “überragenden öffentlichen Interesses” sollen Planungszeiten für Verkehrswege deutlich verringert werden.

Stimmt ein Land zu, sollen Projekte in ein von Wissing geplantes Genehmigungsbeschleunigungsgesetz aufgenommen werden, wie aus dem Schreiben hervorgeht. Der Gesetzentwurf solle zügig im Bundeskabinett behandelt werden.

Um Hintergründe zu erläutern und etwaige Fragen zu klären, soll es noch in dieser Woche auf Arbeitsebene ein Fachgespräch mit Vertretern der Länder im Bundesministerium geben. Dies werde nun erstmal abgewartet, um genau zu erfahren, “ob der Bundesverkehrsminister überhaupt ausreichend personelle Kapazitäten zur Verfügung hat, um alle Autobahnprojekte auf der Liste und die Brückensanierungen überhaupt in Angriff zu nehmen oder ob es nicht doch eher wieder nur Planungsfriedhöfe werden”, sagte Krischer.

Der Bundesverkehrsminister setze die falschen Prioritäten und solle lieber beantworten, wie er 873 Autobahnbrücken allein in NRW in den nächsten zehn Jahren sanieren wolle, forderte der Grüne. “Uns bröseln gerade die Autobahnbrücken unter den Reifen weg.”

Mit der Haarbachtalbrücke in Aachen gebe es in NRW jetzt bald neben der Rahmedetalbrücke schon die zweite gesperrte Autobahnbrücke, sagte er der Neuen Ruhr/Neuen Rhein Zeitung (Dienstagsausgabe). Angesichts begrenzter Personal- und Finanzkapazitäten auf Bundes- wie auf Landesebene müsse Erhalt vor Ausbau gehen. “Was nützt eine zehnspurige Autobahn, wenn sie dann vor einer Brücke endet, die wegen Baufälligkeit gesperrt ist?”

Die Grünen hatten einen schnelleren Autobahnbau vor dem Koalitionsausschuss abgelehnt. Jens Hilgenberg, Leiter Verkehrspolitik beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland sagte der dpa: “Die Landesregierungen müssen sich den Beton-Fantasien von Herrn Wissing verweigern und dürfen keine Projekte anmelden.” Ansonsten machten sie sich der “Beihilfe zu Natur- und Klimazerstörung im großen Stil” schuldig. Der Bau aller 145 Projekte würde über 80 ökologisch wertvolle Naturschutzgebiete zerstören.

Bundesverkehrsministerium den Projekten

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