Die Grünen fordern von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine Klarstellung, dass das Klimaschutzgesetz gilt und einzuhalten ist. Fraktionschefin Katharina Dröge nannte am Dienstag in Berlin diesbezügliche Äußerungen von Vizeregierungssprecher Wolfgang Büchner “missverständlich”, was in der Öffentlichkeit für Verwirrung gesorgt habe. “Das Klimaschutzgesetz gilt und es gilt für alle”, stellte sie klar.
Büchner hatte sich am Montag der Einschätzung angeschlossen, dass das Verkehrsressort von Volker Wissing (FDP) trotz Nichteinhaltens der Emissionsvorgaben für diesen Sektor kein Sofortprogramm dagegen vorlegen müsse, obwohl das Klimaschutzgesetz dies vorschreibt. Der Vizeregierungssprecher hatte dabei auf “eine andere Beschlusslage” der Regierung verwiesen. Er bezog sich dabei offensichtlich auf die in der Koalition verabredete Reform des Gesetzes, die allerdings noch nicht umgesetzt ist.
“Das verunsichert die Menschen in diesem Land, wenn fälschlicherweise der Eindruck entsteht, dass eine Regierung sich nicht an ihre eigenen Gesetze halten möchte”, sagte dazu Dröge. “Deswegen wäre es schon hilfreich, wenn es hier noch einmal eine unmissverständliche Klarstellung gibt auch seitens des Bundeskanzleramts.”
Auch Grünen-Parteichef Omid Nouripour drängte auf die Vorlage eines Klimaschutz-Sofortprogramms für den Verkehrssektor. Zwar sei von der Ampel-Koalition eine Änderung des Klimaschutzgesetzes geplant, räumte Nouripour in den Sendern RTL und ntv ein, aber “bis dahin gilt das bisherige Gesetz”.
Klarer Widerspruch kam vom Koalitionspartner FDP. Deren Fraktionschef Christian Dürr erklärte die bisherigen Regelungen des Klimaschutzgesetzes für gescheitert. “Diese sektorale, planwirtschaftliche Betrachtung hat nicht funktioniert”, sagte er. Die Klimaziele würden verfehlt. Auf Grundlage des alten Gesetzes dürften nun “keine absurden Maßnahmen beispielsweise im Verkehrssektor” angeordnet werden.
Dürr drängte darauf, die im Koalitionsausschuss vereinbarte Neugestaltung des Gesetzes rasch umzusetzen. Er erwarte, “dass auch die Grünen zu dieser Verabredung stehen”.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich vermied am Dienstag auf Nachfrage eine Festlegung, ob er vom FDP-geführten Verkehrsministerium die Vorlage eines Klimaschutzprogramms erwarte. Mützenich verwies darauf, dass das Bundeskabinett voraussichtlich am 3. Mai die Neufassung des Klimaschutzgesetzes verabschiede.
Der Expertenrat für Klimafragen hatte am Montag die Pläne der Ampel-Koalition für die Reform des Klimaschutzgesetzes scharf kritisiert. Der Vorsitzende des Gremiums, Hans-Martin Henning, rief dazu auf, wie bisher “jahresscharfe Ziele für jeden Sektor” für die erlaubte Menge an Emissionen festzulegen.
Auch innerhalb der Grünen gibt es viel Widerstand gegen eine Aufweichung des Gesetzes. Der Grünen-Verkehrsexperte Stephan Gelbhaar drohte mit einer Blockade durch seine Partei im Bundestag. Deutschland dürfe nicht “sehenden Auges die gesetzlich verbindlichen Pariser Klimavorgaben verletzen oder sogar das Grundgesetz brechen”, warnte der Grünen-Politiker in den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND). Einer Reform des Klimaschutzgesetzes, “die gleich wieder in Karlsruhe kassiert wird”, werde seine Partei nicht zustimmen.
Die Koalitionsspitzen von SPD, Grünen und FDP hatten sich Ende März in einer Marathon-Sitzung auf eine Änderung des Klimaschutzgesetzes geeinigt. Demnach sollen die strikten jährlichen Sektorziele zum Treibhausgas-Ausstoß etwa für den Verkehr und den Gebäudesektor aufgeweicht werden. Künftig soll es unter anderem möglich sein, Zielverfehlungen in einem Sektor durch Übererfüllung in einem anderen auszugleichen, Gegenmaßnahmen sollen erst frühestens nach zwei Jahren vorgeschrieben sein.
Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) sagte, der Konflikt zeige, dass die Ampel-Regierung dabei sei, mit ihren selbst gesetzten Klimaschutzzielen zu scheitern. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte, die Ampel habe das Klimaschutzgesetz “geschliffen”, was von den Grünen aber “offensichtlich über Tage nicht erkannt” worden sei.